CD Kritik Progressive Newsletter Nr.43 (03/2003)
King Crimson - The power to believe
(51:12, Sanctuary, 2003)
Da sind sie wieder, die Herren Fripp - Belew - Gunn - Mastelotto, nein, eigentlich waren sie ja nie weg, im Gegenteil - durch zahlreiche 'Collector's Club'- Releases und 'Preview-EPs' ("Happy with what you have to be happy with") spielt sich die neue alte Quartett-Besetzung nach "The construKction of light" und "Heavy construKction") wenn schon nicht in die Herzen der (Crimso-) Fans, dann doch zumindest in ihr Bewusstsein, selbst in jenes, des stets meckernden Crimso-Doppeltrio anbetenden Unterzeichnenden. Retroversive hatten ohnehin nie viel zu lachen bei Herrn Fripp & Co. (generell ist ja Herr Fripp nicht so wirklich der Spaßmacher vor dem Herrn), also "expect nothing" - CD rein und los. Und es fängt ungefähr da an, wo uns Herr Fripp seinerzeit etwas ratlos hinterließ - nach kurzem Intro ertönt "Level Five" (alias 'Larks' tongues in aspic V') und es sägt, bratzelt und zersägt und zerbratzelt wieder genauso ProjeKcts- schwanger (jener missratene Versuch, aus der Zerstückelung der Band neue Ideen zu ziehen), dass man nicht übel Lust hätte, Bobbele Fripp ein paar Frechheiten ins Guestbook seiner Website zu schreiben und auf seine böse Antworten zu warten. Doch als gesitteter Crimso-Fan weiß man, dass man bisweilen Geduld braucht, um ein Album ins Herz zu schließen, also lauschen wir den Herren weiter und vernehmen (endlich mal wieder) eine jener bittersüßen Belew- Balladen "Eyes wide open" - oh Freude, schöner Götterfunken! Es gibt sie doch noch, die Crimso-Songs! Nach so viel Herzerquickendem, frickeln die Herren Fripp und Belew auf "Elektrik" gleich viel sympathischer - zumal man (endlich) die Energie dieser Band zu hören kriegt (auch soundtechnisch weit entfernt vom Klangbrei der 'ConstruKction'), v.a. die Rhythmus-Sektion Gunn / Mastelotto überzeugt mich zum ersten Mal. Und plötzlich funktioniert das Album: "Facts of life" mit schwebenden, singenden, hypnotischen Gitarren, voll Power, Energie pur (und feinem Soundscapes- Intro); das Titelstück "The power to believe", dass sich wie ein roter Faden in insgesamt vier Teilen durch das Album zieht, verbindet endlich überzeugend neue Elemente der elektronischen Experimente Mastelottos, fernöstliche Einflüsse (Gamelan- Musik!) und typische Crimson Partikel, wie der schwebenden Fripp-Gitarre, die stets unberechenbar bleibt, zu einem überzeugenden Klanggewand. Es folgt "Dangerous curves", ein sich kontinuierlich steigerndes Instrumental-Stück, dass zum Ende hin im crimsonesquen Klang- Inferno aufgeht und dann noch der "Hit" "Happy with what you have to be happy with", zuletzt Ausklang, Wohlklang, Neuklang mit den letzten beiden Teilen von "The power to believe" -Energie, Elektronik, Beats und wundervolle Soundscapes in der "Coda" - alles vorhanden, was man für ein gutes Crimson- Album braucht. Oh ja, sie sind wieder da, wirklich wieder da.
Sal Pichireddu
© Progressive Newsletter 2003