CD Kritik Progressive Newsletter Nr.28 (12/1999)
Spock's Beard - Live at the Whisky and NEARfest
(43:39 + 56:46, Radiant Records, 1999)
1999 war für die Fans der bärtigen Amerikaner nun wirklich ein wundervolles Jahr. Gleich zu Anbeginn gab es "Day for night", danach Tournee durch die USA, die Morse / D'Virgilio- Mini-Akustiktour, dann die große Tour durch Europa, dazu 2 WWW-Events und zum krönenden Abschluss das vorliegende (langersehnte) Doppel-Live-Album (und als i-Tüpfelchen das Solo-Album von Neal Morse). Die Aufnahmen auf diesem Album stammen - der Titel sagt es schon - aus zwei Konzerten, beide von der nordamerikanischen Tournee im Frühjahr. Fast zwei Drittel des Albums stammen von ihrem Auftritt im Whisky, LA - das Album wird aber von den Aufnahmen des NEARfest eröffnet. Die Trackliste sieht verführerisch aus - (fast) alle Klassiker, dazu das rare Genesis-Cover "Squonk", das sieht gut aus. Doch leider will der Funke nicht so recht überspringen. Anders als auf ihrem "Official Bootleg" vermisst man hier die kraftvolle Bühnenpräsenz, die Spock's Beard live doch auszeichnet. Vielleicht liegt es ja am amerikanischen Publikum, dass weder zahlreich, noch sonderlich enthusiastisch auf dem Album zu vernehmen ist, dass die Jungs ein wenig und abgebrüht wirken, denn entweder werden die Songs zu langweiligen Mitklatsch- und Mitgröhlnummern degradiert - vielleicht um das Publikum zu motivieren und mitzureissen ("Skin", "June", "Waste away"), oder sie werden bisweilen so fett zelebriert, dass die Ernsthaftigkeit des Stücks abhanden kommt. Prominentestes Opfer ist hier ihr Klassiker schlechthin "The doorway". Andere Stücke scheinen mir gar nicht so recht auf ein Live-Album zu passen: Muss man "In the mouth of madness" live haben? Doch gut, über die Auswahl mag man sich streiten, ich fand einige Stücke überflüssig oder schon durch das "Official Bootleg" hinreichend abgedeckt. Dazu kommt eine (für Spock's Beard) ungewöhnlich schlechte Soundqualität der Aufnahmen, v.a. die Whisky-Aufnahmen klingen blechern und metallisch. Ein ordentlich aufgenommenes (und eingespieltes) einfaches Album hätte es vielleicht mehr gebracht. Bestimmt sogar. Was bleibt ist nicht viel und auch nicht wenig - die x-te gute Version von "Go the way you go", trotz der klanglichen Mängel recht ordentlich gelungene Stück wie "The light" oder "Walking on the wind", dazu eine überraschende Umsetzung von "Gibberish" und die Erkenntnis, dass Nick D'Virgilio (auf "Squonk") nicht wirklich singen kann, Neal Morse aber ganz ordentlich drummt. Was bleibt ist die Erkenntnis, dass die Vulkanier nicht unfehlbar sind, dass auch sie ein mäßiges Live- Album produzieren können.
Sal Pichireddu
© Progressive Newsletter 1999