CD Kritik Progressive Newsletter Nr.81 (09/2014)

Abel Ganz - Abel Ganz
(72:00, Abel Music, 2014)

Nach ihrem erfolgreichen 2008er Comebackalbum "Shooting Albatross" machten sich die schottischen 80er Jahre Neo Prog Helden Abel Ganz anschließend sogleich an die Arbeiten für einen Nachfolger. Doch wie so oft im Musikzirkus läuft eben nicht alles immer nach Plan. Man hatte mit Umbesetzungen aus den unterschiedlichsten Gründen zu kämpfen und natürlich dauert alles eben länger, wenn man die Musik nur als Hobby nebenbei betreibt. So dauerte es letztendlich knapp 8 Jahre, bis mit diesem titellosen Album ein neuer Longplayer vorliegt. Unterstützt von diversen Gastmusikern (u.a. mit kurzen Auftritten von Mitgliedern von Runrig) ist der grundlegende Ansatz laut Pressezettel, neue Dinge und Richtungen auszuprobieren, ohne ganz die Vergangenheit außen vor zu lassen. Der erste Höreindruck ist eine Überraschung, denn vieles wirkt eher wie ein kompletter Neubeginn, da nur noch sehr wenig an den elegischen Neo Prog der 80er, an Elemente wie z.B. des 87er Underground Klassikers "The danger of strangers" erinnert. Doch die Neuausrichtung, mit mehr Sinfonic Rock und direktem Rock Punch, genauso aber auch sehr vielen intimen, folkigen Passagen, gleichzeitig einigen verspielten progressiven Einschüben steht der Band durchaus gut zu Gesicht. Man ist eben nicht einfach in der Vergangenheit stehen geblieben, sondern definiert sich neu. Die Arrangements sind sparsam, aber dennoch verspielt, mit viel akustischer Gitarre, Flöte und klassischen Ansätzen durchzogen, sowie jeder Menge mehrstimmigen Gesangspassagen versehen, wodurch feingliedriger Sinfonic Rock der eleganten Art entsteht. Besonders die fünfteilige, knapp 25 Minuten dauernde Suite "Obsolescence" beweist ein Gespür für die genau richtige Spannungstiefe und Abwechslung, erinnert vor ihrem Ansatz zuweilen an die Musik von Big Big Train, die sich inzwischen sehr erfolgreich von der eigenen Neo Prog Vergangenheit emanzipiert haben. Kein Blick zurück in die 80er, sondern ein mutiger Umbruch. Gelungenes Album, was sicherlich nicht jedem gefallen wird.

Kristian Selm



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