CD Kritik Progressive Newsletter Nr.80 (04/2014)
Perfect Beings - Perfect Beings
(51:50, Privatpressung, 2014)
Mit seinem aktuellen Projekt Perfect Beings überrascht der in Deutschland geborene, mittlerweile in Los Angeles lebende Johannes Luley einmal mehr. 2008 veröffentlichte er mit seiner Band Moth Vellum ein lupenreines Sinfonik Retro Prog Album, das letztes Jahr erschienene Solowerk "Tales from the Sheepfather's Grove" hingegen war wesentlich zurückgenommener, folkiger, ruhiger, durchzogen von wunderschönen Melodien. Auf beiden Alben konnte man eine gewisse klangliche Verwandtschaft zu Yes erkennen, was sich in verträglichen, moderaten Dosen - vor allem in der Gitarrenarbeit und in einigen Bombastpassagen - ebenfalls bei Perfect Beings fortsetzt. Die 10 Tracks auf diesem Album, die Luley zusammen mit dem Singer / Songwriter Ryan Hurtgen komponierte, huldigen zwar der Tradition des Progressive Rocks, streuen aber ebenso aktuelle und neue Einflüsse hinzu. Das lose auf den von Suhail Rafidi geschriebenen Sci-Fi Roman "Tj and Tosc" fußende Konzept spielt in eine postapokalyptischen Welt, ist von der Grundstimmung melancholisch, aber nicht trostlos angelegt. Spannend ist vor allem die stilistische Breite, denn hier wird nicht ausschließlich typischer Retro Prog nach allseits bekanntem Strickmuster geboten. Auch wenn es gewisse Anleihen an die 70er gibt und manche Instrumentalparts sehr deutlich von Yes inspiriert sind, so verbindet die Band geschickt gehaltvolle, direkte Rockarrangements, atmosphärische Passagen und verschnörkelte Spielereien. Dabei wirkt die Musik immer locker aus dem Ärmel geschüttelt, hat das Zusammenspiel eine angenehme Lockerheit, die ohne erhobenen Prog Zeigefinger auskommt. Zwischendurch sorgen immer wieder "einfachere", direkte Songperlen für melodische Schöngeistigkeit. Überhaupt verzichtet man sehr oft auf offensichtliche Komplexität, ausufernde Soloparts, überladene Interpretationen und zieht seine Stärke mehr aus geschickten Dynamikwechseln und wunderbaren Harmonien. Das Quintett vervollständigen Bassist Chris Tristram (Slash, Marjorie Fair), Keyboarder Jesse Nason (Decatree) und Schlagzeuger Dicki Fliszar (Bruce Dickinson). Auch wenn deren musikalische Betätigungsfelder jenseits des Progressive Rocks zu finden sind, so verfügen doch alle Beteiligten über eine gewisse Zuneigung zu diesem Genre. Denn es war ein Video vom Yes Klassiker "Roundabout", das Chris Tristram zum Spaß auf YouTube veröffentlichte, wodurch Johannes Luley erst auf ihn aufmerksam wurde. Vielleicht ist es aber auch der unterschiedliche musikalische Hintergrund, der der Musik jene spielerische Frische verleiht. Eine absolut positive Überraschung!
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2014