CD Kritik Progressive Newsletter Nr.62 (05/2008)
Moth Vellum - Moth Vellum
(57:54, MySonicTemple, 2008)
Cooler Bandname, interessantes Art Work (sowohl auf der Website, wie auch beim Digi-Pack) und Musiker in komplett weißem Outfit - der optische Eindruck wirkt sehr passend und harmonisch aufeinander abgestimmt. Sieht man sich dazu die Keyboardburg von Tom Lynham an, erblickt man, dass Sänger Ryan Downe auch den guten alten Rickenbacker Viersaiter bedient, dann scheint eine recht konkrete Vorahnung darüber zu bestehen, was man hier auf die Ohren bekommt. Und richtig: Moth Vellum, das Quartett aus Kalifornien, beackert die progressive Retro Schiene in (fast) typischer Weise. Doch halt: eines muss man der Band gleich hoch anrechnen, statt offensiv nur auf Bombast und Komplexität zu setzen, wurde die lockere, keineswegs zu übertriebene Instrumentalarbeit ziemlich oft zugunsten wirklich wunderbarer mehrstimmiger Vokalharmonien zurückgefahren. Natürlich gibt's daneben auch die analoge Keyboardvollbedienung, gibt die Band auch mal rhythmisch richtig Gas, erinnert der ganze Sound zuweilen an eine relaxte amerikanische Version 70er Jahre Yes (besonders die Gitarrenlinien und Bassarbeit) mit ganz leichtem Genesis-Einschlag (Keyboards). Doch Moth Vellum setzten vor allem auf hochmelodische und euphorische Momente, wobei sie sich mitunter einem leichten Hang zu harmloser Weichzeichnung und etwas langatmiger Interpretation nicht erwehren können. Andererseits nimmt man dem Vierer ab, dass die mal elegische, mal schwungvoll interpretierte Musik mit Liebe und Hingabe gespielt ist und hier nicht nur einfach etwas zusammenkonstruiert wurde, was nicht passend und in sich schlüssig umgesetzt werden kann. Die sechs Songs (zwischen 5 und 13 Minuten lang) bieten genügend Abwechslung, dramatische Spannungsmomente, folgen dabei immer einer inneren, nachvollziehbaren Logik, auch wenn der schmale Grat der eindeutigen Inspiration hier und da doch recht deutlich überschritten wird. Zwar kein Hammeralbum, aber trotzdem: harmonischer, besinnlicher, bisweilen richtig flotter Retro Prog mit dem nötigen Nostalgiefaktor. Und die Band hat zukünftig auch noch einiges vor: zwei neue Songs hat man bereits geschrieben und das zweite Album ist bereits in Planung.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2008