CD Kritik Progressive Newsletter Nr.79 (12/2013)
P.F.M. in Classic - Da Mozart a Celebration
(52:07 + 42:35, Immagnifica, 2013)
Untätigkeit kann man P.F.M. bei Leibe nicht vorwerfen. Seit dem Jahr 2000 nahmen sie u.a. ein modernes Rockalbum abseits jeglicher Klischees auf ("Serendipity", 2000), schrieben opulent-sinfonische Musik für eine Rockoper ("Dracula", 2005), wie sie ebenso das Erbe des viel zu früh verstorbenen, italienischen Liedermachers Fabrizio de André ("PFM cante De André", 2008) hochhalten. Daneben spielen die Norditaliener fast überall auf der Welt immer noch begeisternde Konzerte und sind keinesfalls nur bloße Verwalter der eigenen, ruhmreichen Historie der 70er. Unter dem Namen "P.F.M. in Classic" wagt sich die mittlerweile im Trio Format agierende Band nun an eine Verschmelzung aus Klassik und Rock, ein Unterfangen, an dem in der in Vergangenheit schon viele große Namen gescheitert sind bzw. unbefriedigende Hybridwerke ablieferten. P.F.M. gehen auch hier einen etwas anderen Weg. Auf dem aktuellen Doppelalbum "Da Mozart a Celebration" widmet man sich im ersten Teil der Interpretation von klassischen Stücken (u.a. Ausschnitte aus Mozarts "Zauberflöte", "Nabucco" von Verdi, sowie Stücke von Dvorak, Mahler, Prokofiev), während der zweite Teil im Zeichen von Neueinspielungen diverser Bandklassiker (u.a. "La luna nova", "Promenade the puzzle", "Dove...Quando", "Impressioni di Settembre", "Celebration") steht. Die Aufnahmen entstanden im gemeinsamen Zusammenspiel von Band und Orchester - beiden Parteien gab man Raum und Platz für die klanglichen Unterschiede und spielerische Möglichkeiten. Bei den klassischen, teils sehr freien Interpretationen wagt die Band einen stilistischen Spagat zwischen Rock, Jazz und Klassikanleihen, was im Zusammenspiel mit dem Orchester immer wieder für spannende Interaktionen bzw. neue Eindrücke sorgt. Man nahm vielfach das Grundgerüst und die Struktur des Originals und fügte ihnen diverse Einwürfe und neue Passagen hinzu. Somit wird die Klassik wesentlich mehr in Richtung Rock ausgerichtet, ohne dass Gefühl und Aussage der Ursprungskomposition komplett verloren gehen. Das mag dem Klassik Puristen natürlich erst einmal komplett sauer aufstoßen. Wer jedoch Neuerungen und generell geschmackvollen, stilsicheren Klassik-Rock Verbindungen offen gegenüber steht, findet hier sehr überzeugende Genreüberschreitungen in beiderlei Richtungen. Bei den Neueinspielungen des eigenen Materials ließen P.F.M. der orchestralen Begleitung Raum für neue, rein klassische Intros, sowie inhaltliche Ergänzungen und Aufhübschungen. An den Grundstrukturen der Kompositionen wurden nur Nuancen geändert, diese jedoch mit Orchestereinschüben ausgeschmückt, sinfonisch verfeinert. Das ist im Vergleich zur ersten CD zwar inhaltlich weniger überraschend, aber trotzdem erfrischend und für das Material aus den 70ern (mit der Ausnahme von "Maestro della voce" aus dem Jahr 1980) eine gewisse Blutauffrischung. Ein wunderbares Gesamtpaket mit Livefeeling, bei dem der eigentliche Gewinner die CD1 ist. Neben der Doppel CD Version ist dieses Werk auch als auf 1.200 Exemplare limitierte Deluxe 3LP Box mit zusätzlichen Aquarellen erhältlich.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2013