CD Kritik Progressive Newsletter Nr.79 (12/2013)

Nemo - Le ver dans le fruit
(48:08 + 44:20, Progressive Promotion Records, 2013)

Seit vielen Jahren kämpfen Nemo gegen den Makel an, nur als ständig gut gemeinter Geheimtipp wahrgenommen zu werden und das, obwohl die französische Formation immer wieder formidable Progalben, wie z.B. "Barbares" (2009) oder "Si Partie I" (2006), "Si Partie II" (2007) abliefert. Bandleader und Mastermind JP Louveton hat sich über die Jahre nicht nur als Erzähler von spannenden Themen entwickelt - auf "Le ver dans le fruit" geht es um die generelle Manipulation des Menschen durch Politik, Religion, Firmen und Medien - sondern Alben von Nemo haben so etwas wie eine eigene, unverkennbare Aura. Ob sich die allgemeine Wahrnehmung mit dem aktuellen wiederum ambitionierten Doppelalbum nun grundsätzlich ändern wird, ist schwer zu beantworten, denn noch immer setzt man auf den nicht überall geliebten Gesang in Landessprache, ist die Mischung aus Retro Prog und Prog Metal bzw. härterem Progressive Rock geprägt von inhaltlichen Sprüngen, wirkt vieles auf den ersten Eindruck nicht sofort packend, sondern leicht sperrig. Doch der leichte francophile Chanson Einschlag, der überaus abwechslungsreiche Gesang und vor allem jede Menge Prog Power sorgen für gewisse Alleinstellungsmerkmale. Mit dem deutschen Label Progressive Promotion hat man zudem nicht nur einen umtriebigen Partner für Vertrieb und Werbung gefunden, auch ist "Le ver dans le fruit" trotz der Ausprägung als 2-fach Album, so etwas wie die konzentrierte Dosis Nemo, eine Ansammlung der Stärken der Band in etwas ausführlichem Format. "Le ver dans le fruit" bietet alles das, für was Nemo steht: da gibt es komplexe Wechsel, bekommt man genügend Härte und ausufernde Soli an Gitarre und Keyboards, wie auch die vokale Feinarbeit einmal mehr zu überzeugen weiß. Nemo flirten mit 70er Jahre Merkmalen, ohne in die typische Retro Falle zu tappen, Härte und Aggressivität sind prägnant in Szene gesetzt, ohne komplett ins Metallische abzugleiten und damit den Hörer mit zu viel Power zuzukleistern. Gleichzeitig findet man immer wieder zurückgenommene Momente, setzt die Band zudem auf melodische, sinfonische Grundarbeit, die zuweilen in euphorischen, emotionalen Soli gipfelt. Das 8.Studioalbum von Nemo bietet mit 12 Songs auf zwei CDs ein spannendes, immer kurzweiliges Kaleidoskop des härteren Progressive Rocks. Bleibt zuletzt eigentlich nur die Hoffnung, dass endlich mehr Proggies die Klasse der Band für sich entdecken.

Kristian Selm



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