CD Kritik Progressive Newsletter Nr.58 (02/2007)
Nemo - Si partie II
(56:32, Quadrifonic, 2007)
Es kann Fluch und Segen zugleich sein, wenn sich eine Band mit ihrer Musik ein gewisses Maß an Anerkennung und eine entsprechende Hörerschaft erspielt. Nemo gehörten mit ihrem Album "Si partie I" sicherlich mit zu den Gewinnern des letzten Jahres. Französischsprachige Bands haben es ja nicht unbedingt leicht in unseren Breiten, doch bei Nemo würde eine andere Sprache gar nicht passen, ist dies doch ein wesentlicher Teil eines in sich stimmigen, authentischen Gesamtkonzepts. "Si partie II" ist die inhaltliche Fortsetzung des Vorgängeralbums, bei dem es wiederum um genetische Manipulation geht. Konzeptionell also alles wie gehabt, aber wie sieht es mit der Musik aus? Grundsätzlich baut das französische Quartett ebenfalls auf die gleichen Zutaten wie bisher, sprich einer Vermischung aus sinfonischem und härterem Progressive Rock, einer geglückten Verschmelzung aus Neo Prog und Retro Elementen mit gehöriger spielerischer Power. Nemo wechseln geschickt Tempo und Dynamik, auch wirkt ihr Stil, unterschwellig immer etwas sprunghaft und leicht kantig, da es an sofort einprägsamen Melodien fehlt. Jedoch ist dies keineswegs ein Manko, mehrfaches Anhören ist eben unumgänglich bis man mit der Musik letztendlich "warm" wird bzw. sich alle Details langsam herausschälen. War der Vorgänger hauptsächlich von zwei epischen Longtracks bestimmt, so sind die Songs dieses Mal wesentlich gestraffter und von der Laufzeit her kürzer. Dies hat jedoch keinerlei Einfluss auf den Höreindruck und den Fluss des Albums, da die Titel übergangslos ineinander gehen. Stilistisch gelingt Nemo der Spagat, aus bekannten Prog Versatzstücken etwas Eigenständiges und Frisches herauszukitzeln. So streuen die Instrumentalparts auch mal funkige, improvisativ wirkende bzw. jazzige Elemente ein, jedoch gekonnt und keinesfalls zu dominant in den musikalischen Gesamtkontext eingewoben. Gerade dadurch, dass Nemo immer prächtig rocken, ihre Musik von treibenden Grooves durchzogen ist, sowie die großen Melodiebögen sofort begeistern können, macht hier den unbestreitbaren Reiz aus. Als Ergänzung zum Album ist übrigens auch noch die Maxi CD "Les enfant rois" erschienen, was neben dem Albumtrack auch noch die Ozzy Osbourne Coverversion "Diary of a madman", sowie ein unveröffentlichtes Instrumental enthält. Letztendlich nur etwas für Fans und beim Ozzy Titel auch der hörbare Beweis, dass es Nemo hoffentlich niemals mit der englischen Sprache für ihre Musik versuchen werden. Nichtsdestotrotz: "Si partie II" kann den Standard der bisherigen Alben von Nemo fortsetzen. Wer also seinen Prog mit beschwingtem francophilen Touch mag, bekommt hier die richtige Dosis.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2007