CD Kritik Progressive Newsletter Nr.35 (05/2001)

Mostly Autumn - The last bright light
(71:29, Cyclops, 2001)

Mostly Autumn ist eine 7-köpfige Folk-Prog Band aus England. Die Lead Vocals teilen sich der Gitarrist und Kopf der Band, Bryan Josh, und die Sängerin Heather Findlay. Die Musik von Mostly Autumn ist eine Mischung aus Celtic Folk, atmosphärisch-floydigen Passagen, moderatem Symphonic Rock mit leichtem Neo Prog Einschlag und eher einfachen melancholisch-melodischen Balladen. Auf dem 98-er Erstling "For all we shared" - von Cyclops etwas großmaulig als eines der besten Debüts aller Zeiten angekündigt - wollte ihnen die Verschmelzung dieser Stile noch nicht so recht gelingen, der Nachfolger "The spirit of autumn past" von 1999 konnte mich dann aber über weite Strecken überzeugen. Um es gleich vorwegzunehmen: "The last bright light", das 3. Album also innerhalb weniger Jahre, halte ich für das bisher beste von Mostly Autumn. Musikalisch gibt's zwar nichts Neues zu entdecken, die Band ist ihrem Stil treu geblieben. Die neue CD bietet jedoch bessere Kompositionen, und auch deren musikalische Umsetzung ist überzeugender. Der Gesang von Bryan Josh ist zwar nicht ausdrucksstärker geworden, aber sicherer, und stellenweise ist die Nähe der Stimme zu David Gilmour erstaunlich. Und da auch der ausgeprägt Gilmoureske Gitarrenstil von Josh seit jeher ein Markenzeichen von Mostly Autumn ist, kommt des öfteren Pink Floyd-Feeling auf (in dieser Beziehung erinnert mich diese CD stellenweise stark an "God has failed" von RPWL). Die eher folkigen Parts und die Balladen singt Heather Findlay mit viel Gefühl. Hier drängt sich der Vergleich mit Iona auf, auch wenn Findlay's Stimme nicht ganz an die bezaubernde Engelsstimme von Iona-Sängerin Joanne Hogg herankommt. Die musikalische Verwandtschaft zu Iona zeigt sich auch darin, dass Troy Donockley mit seinen "low whistles" auch dieses Mal wieder mit von der Partie ist. Auf "The last bright light" wirkt die Musik von Mostly Autumn ausgereifter und auch ausgewogener als bisher. Zwar sind auch dieses Mal einzelne Songs relativ mainstreamig geraten, aber trotz der gelegentlich folkig-poppigen Momente sind keinerlei Ausfälle auszumachen. Die Band scheint nun die richtige Balance zwischen den verschiedenen Stilrichtungen in ihrer Musik gefunden zu haben. Trotzdem vermute ich, dass Mostly Autumn auch mit dieser CD in der Prog-Szene keine großen Wellen werfen werden, weil ihre Musik wahrscheinlich für viele zu wenig progressiv ist. Aber jene Proggies, die auch mit Iona etwas anfangen können - eine Gruppe, die meiner Meinung nach viel mehr Beachtung verdient hätte - und all die Floyd-Fans natürlich, die mehr auf den Gilmour'schen Anteil bei Pink Floyd stehen, werden von "The last bright light" nicht enttäuscht sein. Für mich ist es zurzeit die favorisierte CD, wenn ich zwischen King Crimson und Anekdoten wieder mal was Ruhigeres reinziehen will.

Georg Oelschläger



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