CD Kritik Progressive Newsletter Nr.32 (10/2000)
RPWL - God has failed
(61:56, Tempus Fugit, 2000)
Wenn schon das Original um die Herren Gilmour, Mason und Wright gerade Sendepause hat, dann muss man trotzdem nicht auf seine wohlverdiente Portion Pink Floyd verzichten. Was letztes Jahr in der französischsprachigen Version von Schizophonia auf "Quaternaire" bereits äußerst gelungen neu interpretiert wurde, erfährt nun auf "God has failed" mehr als nur eine perfekte Fortsetzung. Bereits auf dem Pink Floyd Tribute Album "Signs of life" war die Neufassung von "Cymbaline" von RPWL eines der Highlights, auf "God has failed" gibt es nun ausschließlich eigenes Material, welches aber keineswegs seine offensichtliche Wurzeln verleugnet. Aber ist nun "God has failed" einfach nur schamloser Klau oder vielleicht doch eine geniale Kopie? Egal, wie man zu dieser Aussage stehen mag, eines haben die vier aus dem Großraum München stammenden Musiker perfekt geschafft: Stimmungen, Dynamikwechsel, Intensität und perfekter Sound sind sehr gut der britischen Vorgabe angelehnt, selbst auf Soundcollagen wurde nicht verzichtet, aber dennoch schaffen es RPWL mit eigenen Ideen ihre Identität zu bewahren. Sicherlich kann nicht jeder Song immer die selbst gesteckte, sehr hoch angesetzte Meßlatte erreichen - manchmal bleibt man einfach nur in gut arrangierter Rockmusik verhaftet, die aber ohne Zweifel Ohrwurmcharakter besitzt - trotzdem ist "God has failed" eines von den Alben, welches man gerne mehrmals anhört. Die Kompositionen besitzen Gehalt, gut abgestimmte Arrangements, angenehmer Gesang und einen hohen Wiedererkennungswert, ohne platt oder zu konstruiert zu klingen. Was dieses Album zum Großteil so sympathisch macht, ist wahrscheinlich die Tatsache, dass man sich sofort zu Hause fühlt. Selbst beim ersten Hördurchgang, erahnt man bereits genau, was als nächstes kommen wird. Und genau diese Vorfreude wird nicht enttäuscht: sei es nun ein euphorisches Gitarrensoli, ein gefühlvoller Akustikteil oder einfach nur stimmungsvolle, erhabene Traurigkeit. Frei nach den Kinks heißt es einfach "Give the people what they want". Natürlich sind manche Stilmittel sehr offensichtlich ziemlich originalgetreu abgekupfert ("In your dreams" klingt verdächtig nach "Sorrow", "Crazy lane" würde in Teilen prima auf "Wish you were here" passen, während "Hole in the sky" Richtung "Dark side of the moon" geht), selbst in den Texten ("I set my controls for the heart of the sun" - Textzeile aus dem Opener "Hole in the sky") gibt es Verweise auf Pink Floyd, aber dies schmälert keineswegs die Klasse des Albums. Endlich wieder ein Hoffnungsschimmer am deutschen Progressive Rock Himmel, denn RPWL haben das Zeug dazu, auch der internationalen Konkurrenz das Wasser zu reichen.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2000