CD Kritik Progressive Newsletter Nr.23 (12/1998)

Sophistree - Seed
(73:53, Privatpressung, 1998)

Die Reihe interessanter, deutscher Progressive Rock Bands wie z.B. Mad Tea Party, Esperanto oder Krabat, erfährt mit Sophistree ihre gelungene Fortsetzung. Langsam scheint sich der Trend durchzusetzen, nicht nur akribisch die Vorbilder zu kopieren, sondern mit einem gehörigen Maß an Eigenständigkeit an einem eigenen Profil zu feilen. Bei den Hamburgern ist zwar (noch) nicht alles Gold, was glänzt, aber über weite Strecken schaffen sie es, mit ausgefeilten Vokallinien und überraschenden Breaks und Stilwechseln die Spannung aufrecht zu erhalten. Artwork und Musik sind vom Ballast des ewig gestrigen befreit. Sophistree klingen frisch, denn verspielte Passagen wurden mit eingängigen Melodien versehen, die immer wieder durch solide Soloeinlagen unterbrochen werden. Die ausgelutschte Beschreibung "anspruchsvolle Rockmusik" soll dennoch an dieser Stelle zitiert werden, denn die rockige Grundstruktur wird gelungen durch progressive Elemente (Breaks, elegische Soli, vielschichtige Songstrukturen), leichten Jazz Rock Einschlag und Frickelelemente angereichert. Mehrmals anhören ist somit Pflicht. Gerade die beiden ersten Stücke "The snail's life" und "The seed of my smile" sorgen für einige Überraschungen, da bricht ein balladesker Anfang in härtere Gefilde ab, geradlinigen Rhythmen werden durch Gitarre und Keyboards solistisch in komplexes Fahrwasser geführt. Stimmlich immer auf voller Höhe, dürfte jedoch die Tonlage von Sänger Frank Wollenburg nicht jedermanns Geschmack sein. Leider erreicht auch der inhaltliche Spannungsbogen nicht immer ganz das Level der Opener, aber es gibt doch mannigfaltig schöne Momente, wie sich z.B. "Big love, big fake" auf fast 15 Minuten immer mehr steigert und in einem bombastischen Finale gipfelt oder auch die rhythmische Leichtigkeit vom verschachtelten "The seven seas". Bei so viel Ideenvielfalt ist es kein Wunder, dass die 8 Stücke fast ausschließlich im 10 Minuten Bereich liegen. Wer solche Längen mit Inhalt füllen kann, dem gebührt ein Lob. Sophistree haben sich dieses redlich verdient, die Zukunft wird hoffentlich beweisen, dass sie ihr schon jetzt sehr beachtliches Niveau sicherlich noch weiter steigern können.

Kristian Selm



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