CD Kritik Progressive Newsletter Nr.22 (09/1998)
Gerard - Meridian
(40:49, Made in Japan, 1998)
Die Musik peitscht mit solcher Wucht aus den Boxen, dass selbst die monsungeschwängerten Wolken Asiens trockengefönt würden. Was sich bereits bei "The pendulum" und "Pandora's box" angedeutet hat, wird auf "Meridian" - einer Mischung aus Neuaufnahmen alter Heuler und einigen neuen Titeln - mit noch erhöhter Power zu sinfonischem, komplexen Bombast in Perfektion getrieben. Es schimmert auch immer noch ein wenig die Hardrock Vergangenheit der inzwischen auf Trioformat geschrumpften japanischen Band durch, an etwas balladeskem Weichklang darf es auch nicht fehlen. Keyboard "Wizard" Toshio Egawa reizt das klangtechnische Spektrum seiner weißen und schwarzen Tasten in allen Schattierungen aus. Bei "Orpheus" wechseln sich fingerfertige Läufe mit herzzerreißendem Schmalz ab. Mal klingt es nach schluchzender Geige, dann sind es feine Pianoklänge, die wiederum in Mellotron oder Hammondklänge münden. Frisch gesampelt, aber innovativ gemixt. Bassist Atsushi Hasegawa produziert einen dreckigen und total verzerrten Sound, der sein viersaitiges Instrument manchmal wie eine Gitarre (z.B. bei "Prelude") klingen lässt. Wahnsinnstrommler Masuhiro Goto haut dazu wuchtig und bestimmt in die Felle. Für alle Skeptiker des japanischen Piepsgesanges: Stimmakrobatik gibt's nur zweimal und die dafür in guter Qualität. Einmal darf der inzwischen in Asien verschollene Robin Suchy fröhlich trällern, Tomoki Ueno jodelt reichlich verzerrt in den Äther, ansonsten geht es rein instrumental und sehr druckvoll zur Sache. Für den einen ist's hohler Bombast, der andere bekommt begeistert die Gehörgänge freigeblasen. Nach der Zwangspause Anfang der 90er sind Gerard stärker als je zuvor die treibende Kraft in Japan. Bisher ist die CD nur als Japanimport in einer Kartonbox als Limited Edition, sowie als normale Version erhältlich. Im Laufe des Jahres soll aber noch die europäische Ausgabe bei Musea folgen.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 1998