CD Kritik Progressive Newsletter Nr.9 (06/1996)
Taliesyn - When silence will be unbearable
(44:55, WMMS, 1996)
Hier also die bereits angesprochenen Taliesyn. Da wäre zum einen eine Produktion, die recht lasch und wenig transparent klingt. Das Schlagzeug ist schlecht abgemischt, die Keyboards beeindrucken mehr durch mittelmäßige, recht billige Sounds, und der Gesang von Jennifer Holzschneider ist wenig voluminös und somit gleichbleibend langweilig. Im Vergleich zur State Of Mind CD also produktionstechnisch ein eindeutiges Manko. Komisch eigentlich, da man von WMMS auch schon wesentlich bessere Produktionen zu Ohren bekommen hat. Auf jeden Fall 0:1 für State Of Mind. Nun zu den kompositorischen Können der Kapelle. Kristian war der Meinung, dass ein Demo her völlig gereicht hätte, und eine CD für den musikalischen Inhalt noch zu schade wäre. Obwohl ich ja nicht gerade der Oberfreund deutschen (Nachwuchs) Progs bin, musste ich mich da doch einschalten, denn so schlecht sind sie nun auch wieder nicht. Freilich, Taliesyn mangelt es noch an der nötigen Perfektion eines eigenen Stils. Bei den Arrangements merkt man zwar den Willen und erkennt auch durchaus viele gelungene Ansätze, jedoch können die meisten Lieder nicht vollständig überzeugen. Die Eigenkompositionen sind einfach zu wenig ausgereift. Übergänge manchmal ziemlich holprig und der Gesang sorgt leider auch bei mir wieder mal für erhebliche Abzüge. Trotzdem spielen Taliesyn einen hauptsächlich melodischen Neo Prog, wo es ab und zu auch mal metallisch kracht, der doch deutlich zeigt, dass diese noch junge Band tatsächlich Potenzial hat. Die Stimmungen gehen auch mal in melancholische Bereiche und bei der instrumentalen Untermalung wechselt man durch dynamische Gitarrenakrobatik und gelegentliche Keyboardsoli in mehr härtere Gefilde über. Die Einfälle sind interessanter und komplexer als bei State Of Mind, von daher gleich drei Treffer für Taliesyn, es steht 3:1 kurz vor Ende des Spiels. Kann man seinen Vorsprung über die Zeit retten, oder holt der Konkurrent die Gruppe noch kurz vor der Ziellinie ein? Das Cover muss als letztlich entscheidende Frage herhalten. Hier kann Taliesyn leider keinen Stich machen, denn diese Dali Kopie für Arme ist nicht gerade der Knaller, also noch ein Treffer für State Of Mind. Also: Endergebnis 3:2 für Taliesyn. Somit ist ihre erste CD nicht gerade überzeugend, da noch einiges im Argen liegt, aber wenn noch etwas geübt wird und man sich auf seine Qualitäten besinnt und dann auch noch mal ins Studio geht, um eine ansprechende Produktion auf die Beine zu stellen, kann vielleicht doch noch was draus werden.
El Supremo
© Progressive Newsletter 1996