CD Kritik Progressive Newsletter Nr.9 (06/1996)

Ravana - Common daze
(50:37, Prognetik Records, 1996)

Schon auf dem "This is an orange" Sampler fiel die norwegische Band Ravana sehr positiv auf. Verspürte ich schon damals den Wunsch mehr von ihnen zu hören, so wurde dieses Verlangen erhört und schließlich halte ich jetzt das Debüt dieser relativ jungen Band in den Händen. Gleichzeitig ist dies die erste CD von Prognetik Records, einem neuen Label, welches von den gleichen Personen betrieben wird, die auch das norwegische Prog Magazin Prognetik herausgeben. Die neun Titel sind stilistisch abwechslungsreich, jedoch tendenziell mehr in Richtung Rock zuzuordnen. Für den reinen Progpuristen mag auf diesem Album etwas zu wenig von den bekanten Strukturen vorhanden sein, der umfassende Oberbegriff für "Common daze" ist wohl am trefflichsten mit melancholischem, aber vielschichtigem Gitarrenrock umschrieben. Doch ranken sich darum verschachtelt allerlei Einflüsse, die diese Musik anders und interessant machen. Die Traurigkeit wird hin bis zu Independent Rock mit Weltschmerz verfeinert, welcher besonders bei "Urban child" zum Tragen kommt. Eigenartigerweise kam mir gerade bei diesem Lied die deutsche Band Tin Drum in den Sinn. Der Opener "Good grief" ist wiederum ein klassischer Beginn mit Cello, wohingegen bei "When they cry" auch mal Dramatik und typisch nordisch-düstere Strukturen ergänzt durch Flöte, vermengt werden. Gerade diese typischen skandinavische, sentimentalen Elemente, die man von Gruppen wie Landberk, Anekdoten oder Thule kennt, sind es auch, die diese CD in bekanntere Prog Gewässer gleiten lassen. Jedoch ist Ravana mit keiner dieser Bands vergleichbar, da sie doch anders und eigenständig klingen. Neben den vom inneren Aufbau her noch relativ einfach zu durchschauenden Liedern, finden vor allem die längeren Kompositionen meine volle Zustimmung. "Wounded", welches in einer anderen Version auf dem bereits oben angesprochenen Sampler zu finden war, verbindet alle Stärken von Ravana eindrucksvoll: leichtem Gothic Touch zu Beginn folgen progressive Strukturen, die in einem jazzgefärbten Piano Solo enden. Enden tut "Common daze" mit dem neunminütigen "Wherever you are", welches in einem Finalo Furioso aus Gitarre, Piano und Cello ekstatisch gipfelt. Somit erfährt die skandinavische Invasion durch Ravana ihre weitere, hoffnungsvolle Fortsetzung.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 1996