CD Kritik Progressive Newsletter Nr.8 (03/1996)

The 3rd And The Mortal - Painting on glass
(64:33, Voices Of Wonder, 1996)

Keine Kompromisse! The 3rd And The Mortal gehen ihren Weg konsequent weiter, ohne Rücksicht auf die Erwartungen ihres Publikums. Das neue Album "Painting on glass" fängt da an, wo die Mini CD "Nightswan" aufgehört hat - völlig abgedreht und fern jeglichen Metal Mainstreams. Schon beim ersten Titel "Magma" glaubt man, dass Freejazz Musiker im gleichen Studio waren und spontan ein wenig mitgejammt haben - Posaunenklänge auf einer Metalscheibe - huch? Aber das ist ja das Geniale an der norwegischen Truppe: sie lassen sich in keine Schablone pressen, und selbst wenn sich die letzten Banger mit Grausen abwenden. Violine, harte Gitarren und die hohe Stimme von Sängerin Ann-Mari Edvardson bilden einen spannungsreichen Kontrast im schon etwas gewohnter klingenden Song "Commemoration". Daran anschließend "Crystal orchids", ein Titel bei dem der Gesang (absichtlich) so dumpf klingt. Als habe man die Sängerin im Schrank eingeschlossen - Vergleiche mit den folkloristischen Elementen der Demo CD von ex-Stimme Kari Rueslåtten drängen sich auf. Bei "Persistent and fleeting" ist meine Freundin dann lieber in ein anderes Zimmer gegangen: markerschütternde Schreie und Soundcollagen erfüllen den Raum - die Band lotet die Grenzen der musikalischen Zumutbarkeit aus. Spätestens hier werden die Freunde des The 3rd And The Mortals Frühwerk auf die Treueprobe gestellt - da kann und muss auch nicht jedem gefallen! Wesentlich versöhnlicher dann das Instrumental "White water", wobei auch endlich der Gewöhnungseffekt eintritt und man sich mit etwas Distanz fraft "Quo vadis, The 3rd And The Mortal?". Denn reine Soundcollagen wechseln ab hier mit Gitarrenattacken ab und die Spannung geht über die Gesamtspielzeit von über einer Stunde doch etwas verloren. Schöne Gitarrenpassagen und Melodien findet man noch in "Dreamscapes", "Veiled exposure" und meinem Lieblingslied "Vavonia Part II". Dazwischen viel Unbestimmtes, Waberndes, Experimentelles, grundsätzlich aber immer Schwerverdauliches! Auch sind nach meiner Meinung die Vocals im Vergleich zu den Instrumentalparts insgesamt etwas unterrepräsentiert. Am Ende der Scheibe fragt man sich etwas orientierungslos, was man da eigentlich gehört hat. Metal? Nö! Prog? Irgendwo schon, aber auch das nicht so richt. New Age? Sicherlich, aber einige Passagen sind denn doch etwas zu heftig für diese Musikkategorie. Insgesamt schwer einzuordnen und durch die teilweise ausgedehnten Soundeffekt-Passagen unterm Strich auch etwas enttäuschend. Hier sollte jeder selbst entscheiden, ob er damit etwas anfangen kann. Wie so oft wird wohl erst der dritte Longplayer zeigen, ob es sich bei The 3rd And The Moral um eine Band mit Zukunft handelt oder um Musiker, die es mit ihrer Kreativität so übertrieben haben, dass letztendlich alles futsch ist: Fans und Plattendeal.

Stefan Kost



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