CD Kritik Progressive Newsletter Nr.81 (09/2014)
Druckfarben - Second sound
(56:33, Privatpressung, 2014)
Druckfarben - die kanadischen Progger mit dem plakativen deutschen Namen - sind zurück. Und - Nomen est Omen - man verfügt immer noch über jede Menge Druck nach vorne, und überaus farbig ist die musikalische Ausgestaltung. Genug aus dem Phrasenschwein der Plattitüden zitiert, "Second sound" manifestiert sich als groovendes, gut los rockendes Progalbum, das den Komplexitätsfaktor und die spielerischen Kniffe recht hoch hält, ohne dass man je den Eindruck hat, dass die beeindruckenden Fähigkeiten nur zum Selbstzweck dienen. Die Band - übrigens in gleicher Besetzung wie beim 2011er Debüt aktiv - lässt es ordentlich krachen, hat erkennbar ein Faible für virtuosen, aber dennoch geradeaus gehenden Rock, der auf seine Art verschachtelt, aber auch direkt auf den Punkt und mit jeder Menge ansteckender Spielfreude abgeht. Das hohe Energielevel gepaart mit klassischen 70s Einflüssen, dies aber in einen relativ modernen Sound verpackt, macht auf gesamter Albumlänge mächtig Spaß, sofern man dafür bereit ist, einiges an hochenergetischen Vertracktheiten über sich ergehen zu lassen. Die interessanten instrumentalen Wendungen - verziert durch einige schwungvolle Einlagen an der Violine - sind von unsteter Lebendigkeit geprägt. Der konstante Virtuositätsüberschuss der Band scheint sich nur schwer bändigen zu lassen. Doch genau diese stete Spielfreude steckt an, ob nun in einigen mehrstimmigen, verschachtelten Gesangspassagen oder auch Reminiszenzen an die 70er, die mal nach Yes, mal nach Kansas klingen, immer aber eigenständig bleiben "Second sound" hat genau die richtige Mixtur aus Anspruch und Lässigkeit, aus Verbeugung vor der Vergangenheit und dem Können, dies gleichzeitig aktuell und niemals angetagt erklingen zu lassen. Retro Prog in seiner zweifelsfrei feinsten Art, bei dem der das Album abschließende, knapp 19-minütige Titeltrack nochmals alle Stärken der Kanadier offenbart.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2014