CD Kritik Progressive Newsletter Nr.81 (09/2014)
Änglagård - Prog på svenska
(42:28 + 44:00, Privatpressung, 2014)
Dass bei Änglagård die Uhren etwas anders bzw. langsamer ticken, ist hinlänglich bekannt. Da kommt es schon fast einer handfesten Überraschung gleich, dass man knapp zwei Jahre nach dem letzten Studioalbum "Viljars öga" gleich mal ein Doppel Livealbum nachlegt. Zwar irgendwie logisch, da die schwedischen Retro-Progger letztes Jahr für ihre Verhältnisse recht ausgiebig auf Tour waren (u.a. mit den für dieses Livealbum verwendeten Auftritten in Tokio, daneben aber auch auf dem Night Of The Prog Festival auf der Loreley, sowie diversen weiteren Festivalauftritten), doch bei Änglagård funktioniert nicht unbedingt alles nach logischen Parametern. "Prog på svenska" wurde bei den Gigs zwischen dem 15.-17.März 2013 im Club Citta' in Tokio mitgeschnitten und präsentiert die aktuelle Besetzung, die nach der Trennung von den drei Band Urgesteinen Mattias Olsson (Schlagzeug), Jonas Engdegård (Gitarre) und Thomas Johnson (Keyboards) durch die Brighteye Brison Mitglieder Erik Hammarström (Schlagzeug, Vibraphon) und Linus Kåse (Keyboards, Saxophon, Backing Vocals) ersetzt wurden, sowie der überraschenden Rückkehr von Bandmitbegründer Tord Lindman, als überaus vitale Liveband. Knapp 18(!) Jahre nach dem letzten Livealbum "Buried alive" ist dieses Album auch ein Querschnitt durch die eigene Historie, denn mit jeweils zwei Titeln werden die Alben "Hybris" (1992), "Epilog" (1994) und "Viljärs öga" (2012) repräsentiert. Das bisher unveröffentlichte "Introverrus Fugu Part 1" eröffnet zudem das Album sehr viel versprechend und gibt eine leicht jazz-rockige Färbung vor. Und genau diese Ausrichtung in eher unterschwellig-moderater Dosis, prägt auch das ältere Material. Zwar bewegt sich die Band sehr nahe an den Originalversionen, dennoch bringt man vor allem mit Saxophon und diversen Blasinstrumenten immer mal wieder andere Klangfarben ein. Dennoch ist "Prog på svenska" vor allem der Beweis, dass Änglagård keineswegs ihre Spielfreude und inhaltliche Virtuosität verloren haben, die zwar eindeutig auf Retro getrimmt ist, aber immer noch frisch und vital wirkt. Was die Zukunft bringt, ist bei dieser unberechenbaren Band nur schwer vorherzusehen.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2014