CD Kritik Progressive Newsletter Nr.81 (09/2014)

Anathema - Distant satellites
(56:10, Kscope, 2014)

Anathema sind angekommen. Mit dem 2012er Werk "Weather systems" lieferte man nicht nur ein kommerziell recht erfolgreiches Album hat, auch das kurz danach veröffentlichte Live Package und mit Orchester eingespielte "Universal" dokumentierte die derzeitige Qualität der britischen Band. Von früheren Metal Elementen hat man sich schon seit langer Zeit gänzlich verabschiedet und in einer Art euphorisch-sphärischen Art Rock mit vielen gut durchdachten Dynamiksprüngen und satten, mitunter balladenhaften Melodien eine neue Heimat gefunden. "Distant satellites" ist eine direkte Fortführung des Konzepts von "Weather systems". Überspitzt formuliert, ein Schwesteralbum, was durch nahezu gleiche Spannungsbögen und inneren Aufbau funktioniert. Doch selbst wenn sich die Band teilweise selbst zitiert und in gewisser Weise wiederholt, so ist "Distant satellites" von solch ergreifender Schönheit, dass es eben mehr als nur eine Eigenkopie darstellt. Die Musik hat Leidenschaft, erhabene Ausstrahlung, eben genau jene perfekte Magie, die tiefe Gefühle anspricht. Auch wenn die Band betont, dass dieses Album nach ihrer Sicht purer und reduzierter ausgefallen sei, so bleibt die Vielschichtigkeit und Detailverliebtheit bestehen, wurden am ehesten der Pathos und die Dramatik ohne inhaltlichen Qualitätsverlust zurückgefahren. Doch wie von Anathema gewohnt gehört Stillstand sicherlich nicht zu den Adjektiven, die man von dieser Band erwartet. Spätestens mit dem mit leichten elektronischen Experimenten und einem direkten Beat durchzogenen "You're not alone" wagt man sich in ein neues Terrain und probiert eben doch mal Ungewohntes bzw. bisher Ungehörtes aus. Auch die schwebende Ästhetik von "Firelight" und der von einem tickernden Drumcomputer durchzogene Titelsong sind auf ihre Art leicht anders, aber eben kein kompletter Bruch. Da diese Veränderung in einer vertretbaren, gleichzeitig Interesse erweckenden Dosis passiert, kann man dies als Zuhörer mit Zustimmung goutieren. Experiment geglückt - Anathema sind angekommen.

Kristian Selm



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