CD Kritik Progressive Newsletter Nr.80 (04/2014)
Unit Wail - Retort
(43:14, Soleil Mutant, 2013)
Nach dem 2012er Debüt "Pangaea Proxima" legt der (einstmalige) Begründer der Avantgarde Formation Shub Niggurath, Frank W Fromy, mit seiner neuen Band Unit Wail das zweite Album auf. 10 Songs sind enthalten, die 43:14 Minuten erfüllen. Neben Frank W Fromy (g) sind Vincent Sicot-Vantalon (keys, all comp), Philippe Haxaire (dr), Adrian Luna (b) und Emmanuel Pothier (synths) die zum Debüt unveränderte Besetzung. Im Vergleich zu "Pangaea Proxima", das hier und da Popspielereien aufwies, zeigt sich "Retort" enorm gesteigert. Unit Wail rocken hart, harsch und laut. Die Songs sind heftig komplex, sehr laut bis krachig, extrem dynamisch und wild, werden nur von düsteren Mellotron-Klängen auf Ebene gehalten, um nicht zu bersten und in alle Freiheit auszubrechen. Die ganze Band arbeitet wie verrückt, alle geben alles, stets geht die Band brachial zur Sache, die wenigen sanfteren und melancholischeren Parts sind nur Ansatzpunkte, gleich wieder deftig zu rocken. Frank W Fromys Gitarre ist Mittelpunkt, mal wird sein Gitarrensound metallisch hart, dann crimsonesk düster und kratzig scharf, mal dämmert sein Gitarrenspiel im Off vorbei, von Synthesizern unterhoben, die blubbern und flirren, während die Rhythmusabteilung schwere Geschütze auffährt und düstere Harmonien aufgemacht werden, die sich an großen Melodiebrocken zu schaffen machen. Die technische Einspielung steht parallel zu hohem Jazzniveau. Gerade das Schlagzeugspiel und die exzellente Zeuhl-Jazz-Rock-Bassarbeit setzen - allem heftigen, harten Rock zutrotz - deutlich auf Jazz. Das macht den Klangrahmen weit und die improvisativen Möglichkeiten schier endlos. In aller Spieltechnik und konzentrierten Perfektion liegt stets eine hektische Note, die den Hörer gedanklich antreibt und ihn in den Sog der Songs zieht - wenn er nicht vor Schreck abgestoßen wird. Die klassische Progressive und Avantgarde Rock Zeit ist deutliche Inspiration, 70er Sounds und Arrangements prägen die Songs, die dennoch zeitlos und auf technisch aktuellem Niveau zu hören sind. Der fast pausenlose Mellotronrausch, die perfekte, kantig harsche Jazzrock-Crew und das satt schneidende Gitarrenspiel Fromys machen die gut komponierten und ebenso gut eingespielten, leidenschaftlichen Songs enorm lebendig und für Fans zum perfekten Suchtfutter. Grandioser Dark Zeuhl Post Jazzrock!
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2014