CD Kritik Progressive Newsletter Nr.79 (12/2013)
Birds And Buildings - Multipurpose trap
(63:32, Emkog Records, 2013)
2008 erschien "Bantam to Behemoth", das Debüt der amerikanischen Formation Birds And Buildings, was mit seinen schrägen und sperrigen Momenten für einige Aufmerksamkeit und Verzückung bei den Fans der verqueren Progtöne sorgte. U.a. wurde man damit Album des Monats bei den "Babyblauen Seiten" und auf dem Internetportal progarchives wird das Album sogar immer noch als Top 1 des Jahres 2008 gelistet. Fünf Jahre später folgt nun "Multipurpose trap", laut Bandleader Dan Britton wie der Vorgänger im Sound von King Crimson gehalten und stilistisch ähnlich angelegt wie das Debüt. Für den King Crimson Vergleich sprechen vor allem die vielen Mellotronkaskaden, etwas Jazz und die Verwendung diverser Blasinstrumente, was man in ähnlicher Weise auf den Frühwerken der Briten zu hören bekam. Doch hinkt dieser Vergleich natürlich ganz gewaltig, denn dies sind nur Nuancen in einem sehr lebendigen, aber auch avantgardistisch übertriebenen Mikrokosmos der durchgeknallten Kalkuliertheit. Bisweilen tendiert der Sound von Birds And Buildings geradezu ins Comic-hafte, quäken die Tasten und Töne eigentlich mehr und viel zu hoch als dies erlaubt und noch gerade gut ist. Doch die fast schon japanische Note der gnadenlosen Übersteigerung passt irgendwie in den Gesamtkontext. Wie die Nippon Avantgardisten Koenjihyakkei den Zeuhl von Magma konterkarieren, so wird bei Birds And Buildings bisweilen etwas zu viel auf Tempo und Verspieltheit gedrückt. Doch siehe da: das ist immer an der Grenze des Erträglichen, aber schießt nie über das Ziel hinaus. Auch das will eben gekonnt sein. Wer auf "Multipurpose trap" jedoch nur unerhörte Schrägheiten erwartet, der wird sich wundern. Denn nicht von ungefähr wirbt die Band mit den Adjektiven "komplex und sinfonisch", was in geordneten Dosen moderater Bombast, eine gewisse, düstere Melodiehaftigkeit und das Gespür für interessante, packende Interaktion bedeutet. Mag dies daran liegen, dass die Band fast in der gleichen Besetzung wie auf dem Debüt geblieben ist und man sich eben kennt oder man einfach den Hang hat, Kunstfertigkeiten und traurige Unterschwelligkeiten in einen verständlichen Kontext zu setzen. Anspruchsvoll und überraschend muss nicht immer mit unanhörbar gleichgesetzt werden. Birds And Buildings rühren bei ihrer Interpretation von sinfonischer Avantgarde in vielerlei Töpfen herum. Das erinnert sogar mitunter an eine weniger heftige Version von Sleepytime Gorilla Museum, an crimsoneske Experimentierfreudigkeit, hat aber auch immer ein Augenzwinkern für die gekonnte Übertreibung übrig. Kein Album für die große Masse, keine Liebe auf den ersten Blick, aber ein spannender, kompromissloser Parforce-Ritt für all diejenigen, die es mal etwas anders mögen.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2013