CD Kritik Progressive Newsletter Nr.78 (08/2013)
Amplifier - Echo Street
(60:49, Kscope, 2013)
Amplifier begaben sich für das aktuelle Album "Echo Street" wieder in den finanziell etwas sicheren Hafen eines Plattenvertrags und sicherten sich die Unterstützung eines Labels. Das Vorgängeropus "The octopus" beanspruchte die Band eben nicht nur künstlerisch und ermöglichte jeglichen kreativen Freiraum, sondern wegen der Eigenvermarktung raubte es eben einiges an Energie, Geld und vor allem jede Menge Zeit. Vielleicht lag es aber auch nur daran, dass man bereits an einem neuen Album arbeitet, etwas in finanzielle Schieflage geriet und "Echo Street" als "Zwischenfinanzierung" mehr oder weniger auf alten Demoaufnahmen fußt und somit mal so eben zwischendurch recht schnell aufgenommen und produziert werden konnte. Doch keine Angst, das Material weist keinerlei Qualitätsmakel auf, ist jedoch eine Art entschleunigte, beruhigte Amplifier Version nach dem Prog / Alternative Rock Bombast von "The octopus". "Echo Street" jedoch einfach als ruhiges, besinnliches Album ab zu tun, wird den Aufnahmen nicht gerecht. Zwar hätte hier und da mehr Schwung, mehr Energie dem Album geholfen, doch auch die zurückgenommene, einfachere Portion Amplifier funktioniert recht gut. Weniger ist mehr lautet die platte Devise, denn während man auf "The octopus" mit unterschiedlichen Instrumentierungen und Produktionsgimmicks experimentierte, ist "Echo street" eine Rückkehr zur Schlichtheit einer Vierbesetzung. Viel funktioniert hier über inneren Spannungsaufbau, stimmungsvolle, sachte aufgebaute Atmosphäre, über Dynamiksprünge und musikalische Schlichtheit. Das ist logischerweise weniger überraschend und fordernd, aber dennoch intensiv und komplett unlangweilig auf den Punkt gebracht. Gerade im ersten Teil des Albums funktioniert die sphärisch-rockige Dichte bestens, im zweiten Teil scheint die Band mitunter etwas zu unentschlossen und weniger packend aus den Startlöchern zu kommen. Die für Amplifier relative Ruhe hat trotzdem ihr Gutes, denn trotz weniger Riffattacken und Breitwandsound, offenbart sich das spielerische Geschick der Briten, die mit "Echo Street" eine etwas andere Facette ihre Art von Musik präsentieren. Der schwebende Charakter der in sich geschlossen wirkenden Tracks lässt den Hörer auf einer virtuellen Wolke schweben, aufgeweckt durch gelegenlichte Energiestöße. Amplifier reloaded. Wie inzwischen fast schon üblich, ist auch "Echo Street" in verschiedenen Versionen verfügbar. Wer etwas mehr investiert, sollte sie auch gerne die Limited Edition besorgen, die in einer geschmackvoll gestalteten Hardcover Buchverpackung daherkommt und neben der Optik mit der knapp 22-minütigen EP "Sunrider" 4 weitere qualitativ ansprechende Tracks bietet.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2013