CD Kritik Progressive Newsletter Nr.70 (11/2010)
Pure Reason Revolution - Hammer and anvil
(52:32, Superball Music, 2010)
Hinterließ das erste Pure Reason Revolution Album "The dark third" vor rund drei Jahren mit seiner Mischung aus Pink Floyd und Art Rock einen nachhaltigen und sehr positiven Eindruck, so stellte der Nachfolger "Amor vincit omnia" einen Wechsel zu wesentlich mehr Elektronik und kompakteren Songstrukturen dar, der nicht überall auf uneingeschränkte Gegenliebe stieß. "Hammer and anvil" setzt diesen Trend des inhaltlichen Wechsels fort. Vorbei ist es mit sphärischen, verträumten Passagen, der Rockaspekt ist nur noch zurückgedrängtes Beiwerk, nicht mehr bestimmendes Element. Vielmehr haben harte Industrialbeats und jede Menge poppige Melodien die Vorherrschaft übernommen - nicht von ungefähr wurde das catchige, radiotaugliche "Patriarch" als Single ausgewählt. Die Fans vom ersten Album wird man mit "Hammer and anvil" garantiert nicht zurückgewinnen, aber Pure Reason Revolution qualifizieren sich mit ihrem jetzigen Ansatz immer mehr für eine wesentlich breitere Hörerschicht. Die Konkurrenz ist groß, aber eine Chance haben die Briten dennoch, denn auch die jetzt gewählte Ausrichtung setzen sie durchaus souverän um, statt Pink Floyd ist man eben jetzt bei einer groben Schnittmenge aus Depeche Mode, Faithless und Nine Inch Nails gelandet. Trotzdem sind auch einige Trademarks geblieben, wie z.B. der oftmals verwendete mehrstimmige Gesang, das leider viel zu seltene Spiel mit Dynamikwechseln. Doch gerade die sehr aggressiven Elektrorhythmen hauen wie "Hammer und Amboss" (warum wählte man wohl sonst diesen Albumtitel?) sehr heftig und mächtig rein. Das Quartett von der Insel hat sich konsequent für eine andere musikalische, wesentliche elektronischere Richtung entschieden, als das, mit was man ursprünglich gestartet ist. So etwas nennt man künstlerische Freiheit und das Wagnis zur Weiterentwicklung.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2010