CD Kritik Progressive Newsletter Nr.69 (07/2010)
Elephant9 - Walk the Nile
(44:58, Rune Grammofon, 2010)
Schon der Vorgänger "dodovoodoo" war ein enorm straff organisiertes, rasiermesserscharfes Mörderrockalbum gewesen, und so ist 'walk the nile'. Das Trio Ståle Storløkken (Fender Rhodes, Hammond Orgel, Synthesizer), Nikolai Hængsle (Bass) und Torstein Lofthus (Schlagzeug) rockt, was das Zeug hält. Fetter Hardrock und Jazzfunk gehen ihre Songs ungemein lebhaft an, was sie spielen, ist scharf und heiß und wahnsinnig virtuos. Opener "fugi fønix", 3:43 Minuten lang, fühlt sich keine zwei an, das dicke Orgelmotiv dröhnt cool und satt voran, vom volumigen Bass gut unterfüttert und vom nervös und hektisch pulsierenden Jazzrockschlagzeug auf Trab gehalten. Sehr guter Einstand. Die sieben Minuten "aviation" im Anschluss starten als melancholisch-ambientes Motiv, das seine melodische Struktur über mehrere Takte führt, die thematische Auflösung spät bringt und konzentrierte Aufmerksamkeit einfordert. Schließlich kann das Trio nicht anders und überschlägt sich. Die Nachdenklichkeit bleibt im Bass erhalten, während die Orgel Hardrockjazz spielt, vom drahtigen Schlagzeugspiel lebhaft und verrückt gut arbeitend unterpowert. Der nächste Track, "walk the nile", bringt es auf 10 Minuten. Im Untergrund wühlt schwerer Rock, von oberflächlich ambienter Stimmung gefangen. Da treffen Zeitgeist und Rockhärte passabel aufeinander. Erstklassige, verblüffende harmonische Lösungen und improvisativ wirkende Wildheitseskapaden ergänzen einander, dass zu staunen genug bleibt in der vielfältigen Überraschungsstreuung. "hardcore orientale" muss sich in viereinhalb verschwitzten Minuten wieder die Kunst runterrocken, die von den beiden vorangegangenen Tracks aufgehäuft wurden. Die nervöse Note geht unter die Haut. Die schreiben FUNK mit vier großen Buchstaben! "habanera rocket" ist wohl das abgefahrenste und wildeste Stück auf der Platte. Über 14 Minuten lang werkelt das Trio eine ungemeine Fülle an kraftvollen Jazzrock-Vitalitäten ab, es gibt kühle Melancholie, düstere Harmonien und unterschwellig brodelnde Abgründe in der kraftvollen Instrumentalsprache der inspirierten Band. Jeder leise und laute Ton ist voller Leidenschaft und Glut, hat Fieber und vollendete Hingabe, macht den Hörsinn locker und frei und verblüfft mit Ideenreichtum, wie ihn nur die guten Bands auf ihren Alben haben. Anhören! Und zum Schluss gibt es die härteste, most FUNKY Note, rasant und hektisch, verspielt und ungestüm, wie ein Rausch und unglaublich aufregend, und doch scheint es, als sei der Sound gerade in diesem Song seltsam vertraut. Spart euer Geld für die richtigen Bands auf. Solche wie diese!
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2010