CD Kritik Progressive Newsletter Nr.68 (03/2010)
Gazpacho - A night at Loreley
(46:48 + 64:40, HWT, 2010)
Am 10.7. letzten Jahres schien alles perfekt für Gazpacho zu laufen. Die Band spielte ihren letzten Gig der "Tick Tock" Tour als Headliner auf der prestigeträchtigen Loreley im Rahmen des "Night Of The Prog" Festivals, während ihr Album selbst in den größeren Medien positive Beachtung fand. So wurde eigens für die große Bühne eine geschmackvolle Lightshow entworfen, daneben war nicht nur aufgrund eines angenehmen Sommerabends ebenfalls das Publikum bestens gelaunt und sorgte für eine ganz eigene, einmalige Stimmung. Als Digi-Pack liegt nun mit "A night at Loreley" die Vollbedienung dieses Auftritts als Doppel CD und DVD vor. Im Fokus steht logischerweise das aktuelle "Tick Tock" Album, das im ersten Teil des Auftritts fast komplett gespielt wird, wie im zweiten Teil der ebenfalls zum Großteil gespielte Vorgänger "Night" (2007) die Setlist zusammen mit drei Kompositionen von älteren Alben von Gazpacho abrundet. Die Band zeigt sich gereift, musikalisch professionell souverän im atmosphärischen Art Rock verwurzelt, ohne dabei auf rockige Elemente, wie auch ausladende Passagen zu verzichten. Die Norweger präsentieren sich nicht als ausgebuffte Techniker, vielmehr verstehen sie es, Stimmungen und Songschreiberqualitäten auf ganz eigene Weise zu vereinen, mit "Tick Tock" ist ihnen zudem ihr sicherlich bisher stimmigstes Werk gelungen. Der eigenwillige Gesangsstil von Jan-Henrik Ohme, sowie das Vertrauen auf viel ruhigen Tiefgang, spaltet seit jeher Kritiker und Fans, doch sei dem entgegnet, dass Gazpacho im Livekontext doch noch eine Schippe drauflegen und zudem die Geige spielerisch wesentlich offensichtlicher zu Tage tritt. Schaut man sich die DVD an, so gelingt es zwar nicht vollständig, die spezielle Atmosphäre dieses Auftritts einzufangen, wie auch die Band vom Stageacting eher zurückhaltend agiert. Als Gesamtpaket im Zusammenspiel von Musik und Licht oder nur beim reinen Anhören der Doppel CD gelingt dennoch eine sehr ansprechende Mixtur, die erkennen lässt, welches Potenzial für ein großes Publikum noch in dieser Band schlummert.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2010