CD Kritik Progressive Newsletter Nr.65 (05/2009)
Gazpacho - Tick Tock
(48:41, HWT Records, 2009)
Mit ihrem fünften Album "Tick Tock" stehen die Zeichen bei Gazpacho eindeutig auf lang angestrebtem und letztendlich verdientem Durchbruch. Nach vier Alben, Veröffentlichungen über das Marillion Label Intact Records - nachdem man bei ihnen erfolgreich im Vorprogramm den nötigen Eindruck hinterlassen hatte - wollen es die Norweger endgültig wissen. Dabei ist ihr aktueller Longplayer absolut kein Konsensalbum, denn gerade mal vier Tracks ("Desert flight" 7:39, "The walk" 13:47, "Tick Tock" 22:24 und "Winter is never" 4:55) tummeln sich auf dieser Scheibe, wobei man klugerweise den kürzesten Track als Quasi-Single für das breitere Publikum ausgewählt hat. Auch wenn der persönliche, rein subjektive Eindruck bei ihrem letztjährigen Auftritt auf dem Prog-Résiste Festival in Verviers eher zwiespältig ausfiel, so schien die Band nicht nur damals den Nerv der Zuschauer getroffen zu haben, denn der Schreiber dieser Zeilen kann ohne Zurückhaltung eingestehen, dass ihr neuestes Studiowerk wirklich überzeugen kann. Zwar ist der mitunter etwas weinerlich wirkende Gesangsstil von Frontmann Jan-Henrik Ohme für manche Ohren sicherlich gewöhnungsbedürftig, kann sich aber dennoch einer gewissen Faszination nicht entziehen. Dafür funktioniert vor allem der instrumentale Ansatz des Sextetts aus dem hohen Norden, da sie weniger auf vertrackte bzw. verspielte Parts setzen, sondern bei ihnen in erster Linie langsamer, atmosphärischer, aber sehr stimmiger, dynamischer Songaufbau im Fokus steht. Man orientiert sich zwar klanglich mitunter an der Vergangenheit (vor allem bei den Keyboards mit geschmackvoll eingestreuten Mellotronklängen), aber mit sachter Geigenbegleitung, interessanten Sounds (u.a. mönchartigem Backgroundgesang) und sanften, gitarrenbetonten, sich langsam steigernden Alternative Rock Anklängen schafft man den Brückenschlag in aktuelle Gefilde. Vielleicht liegt darin genau die Ursache, warum Gazpacho in den heimischen vier Wänden beim ruhigen Einlassen auf die Musik und genauen Zuhören besser funktionieren, als ihre doch bisweilen nach dem eigenen Geschmack etwas langatmig wirkende Performance auf der Bühne. So scheint "Tick Tock" genau das richtige Album zur rechten Zeit zu sein. Mal schauen, ob sich nun der durchaus berechtigte und der Band zu gönnende Erfolg einstellt. Mit einer Europa Tour im März / April, sowie dem erneuten Auftritt auf der Loreley und ausgiebiger Promotion hat man bereits die entsprechenden Weichen gestellt.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2009