CD Kritik Progressive Newsletter Nr.64 (02/2009)

Tuner - Pole
(63:55, Unsung Records, 2008)

Mit ihrem Erstlingswerk "Totem" (2005) legten Pat Mastelotto (King Crimson) und Markus Reuter (Centrozoon) ein experimentierfreudiges Album zwischen Elektronik und Rock Avantgarde vor. Das Duo hatte an der Zusammenarbeit so viel Spaß, dass 2007 das zuerst nur in den U.S.A. veröffentlichte Album "Pole" folgte. Das Werk wurde mittlerweile über Unsung Records auch in Europa veröffentlicht, zeitgleich legte man ebenfalls das Debüt in remasterter Form erneut auf. "Pole" ist zwar immer noch von elektronischen Elementen, kaputten Industrial-Sounds und einer gewissen Experimentierfreudigkeit mit aggressivem Unterton geprägt, doch agiert die deutsch-amerikanische Freundschaft wesentlich kompakter. Zum einen sind die schrägen Gedanken in ein wesentlich songorientierteres Korsett gefasst, zum anderen holte man sich diverse Gastmusiker und -sänger(innen) ins Boot, wobei gerade letztere dem Album wirklich sehr gut tun. Denn während das Debüt "Totem" auf Dauer zwar inhaltlich sehr interessant, doch zum Anhören recht anstrengend wirkt, hat "Pole" auch leichtere Momente, sorgen vor allem die Gesangslinien für wesentlich mehr anspruchsvolle Zugänglichkeit. Natürlich fehlt es nicht an aktueller crimsonesker Schrägheit, an angedeuteter an Tool erinnernder Düsternis, doch irgendwie wirkt alles lockerer, unverkrampfter, schafft man den Brückenschlag hin zu intelligenter und spannend arrangierter Avantgarde Popmusik. Ständig kracht und ächzt es, wird man mit Sounds zwischen Vergangenheit und Moderne konfrontiert, sorgen die stolpernden Beats und flirrenden Riffs, sowie gelegentlicher Sprechgesang für postmoderne Einflüsse. "Pole" vereint anspruchsvolles Songwriting und spannende Lautmalereien zu einem prickelnden Cocktail, der zwar Offenheit für neue Nuancen fordert, aber dafür keine Kopfschmerzen hinterlässt.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2009