CD Kritik Progressive Newsletter Nr.59 (05/2007)

Beardfish - Sleeping in traffic: Part One
(65:57, InsideOut, 2007)

Nach ihrem Doppelalbum "The sane day" haben sich bei Beardfish zwar wiederum Ideen für ein umfangreiches Werk in Doppelformat angesammelt, doch dieses Mal entschied man sich für eine inhaltliche Trennung. "Sleeping in traffic: Part One" nennt sich folgerichtig der erste Streich, die Arbeiten am Nachfolger sind jedoch bereits in Gang. Betrachtet man lediglich die stilistische Zuordnung und weiß zudem noch, dass die Band aus Schweden kommt, scheint eigentlich alles klar zu sein. Doch Beardfish haben nach zwei Eigenproduktionen mittlerweile eine ganz eigene Nische abseits der nordischen Melancholie und Düsternis bzw. jenseits der auf Hochglanz getrimmten Retroalben gefunden. Die Skandinavier klingen sympathisch verschroben, warten mit subtilen spielerischen Ecken und Kanten auf, erscheinen damit weniger auf offensichtlichen Genreerfolg durchkalkuliert und sind damit gleichfalls schwerer auszurechnen. Das raue und erdige Klangbild tut ein Übriges dazu, so dass man trotz gewisser A-ha Effekte des anscheinend bereits Bekannten (u.a. Gentle Giant Einflüsse), vor allem mit einer sehr eigenständigen Mixtur überrascht wird. Natürlich bekommt als 70s Aficionado genügend knarzenden Bass und jede Menge analoges Tastenarsenal geboten. Doch wird hier nicht mit den Pfründen gewuchert und die Bombastschiene ausgefahren, ebenfalls finden sich folkloristische Sprenkler, leichte 60s Anleihen und mitunter sogar spartanische, minimale Fragmente in den Klängen von Beardfish wider. Gerade der Wechsel aus akustischen und heftigeren Passagen erschafft einige interessante Spannungsbögen. Die 11 Titel sind keinesfalls beim ersten Anhören vorausschaubar, trotz recht ohrenfreundlicher Gesangslinien und keinesfalls erschlagender Komplexität. Es sind vielmehr kleinere, witzige Details, raffinierte, unterschwellige Wechsel, die den Reiz ausmachen. Den einzigen Vorwurf, den sich das Quintett auch bei diesem Album gefallen lassen muss, ist die Tatsache, dass man des Öfteren den Eindruck hat, dass da noch mehr gehen würde, die Musik von einer gewissen Unauffälligkeit bzw. Understatement durchzogen ist. Um der großen Fanschar des melodischen Retro Progs zu gefallen, sind Beardfish sicherlich eine Spur zu unkonventionell, dennoch ist es gerade diese Kompromisslosigkeit, der ganz eigene Weg, der diese Band so interessant macht.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2007