CD Kritik Progressive Newsletter Nr.58 (02/2007)
Lady Lake - Unearthed
(62:00, Musea, 1979-81)
Der holländischen Band Lady Lake war wie vielen anderen kleinen Progrockbands der 70er Jahre nicht die Veröffentlichung eines zweiten Albums vergönnt. Nach ihrem Debütalbum "No pictures" unternahm die Formation alle Anstrengungen, ihren instrumentalen Symphonic Rock auch in den Jahren 1979 bis 1981 ungeachtet aller hierfür nunmehr äußerst widrigen Rahmenbedingungen fortzusetzen. Die in dieser Zeit im Proberaum entstandenen Aufnahmen untermauern, dass sich die Band vehement dem geänderten Zeitgeist zu widersetzen versuchte und am von schwelgerischen Arrangements getragenen Progressive Rock festhielt. Die Gitarre jubiliert fortwährend in euphorischer Eleganz und pendelt geschickt zwischen jazzrockiger Verspieltheit sowie majestätischem Pomp. Den sechs Saiten wird in bestechender Anmut die ganze Palette der emotionalen Klangwelt entlockt. Meist betten sich die leidenschaftlichen Gitarreneinsätze auf geschmackvoll arrangierten Keyboardteppichen, mit denen sie eine traumtänzerische Einheit bilden. Wenn die Tasteneinlagen eine gesteigerte Dynamik einleiten, vereint sich die hohe Saitenkunst in elektrisierender Euphorie mit dem Keyboardpomp. Stellenweise tritt wie im kraftvollen Opener "Sunburst In Bognor" ein fast schon neoproggiger Unterton auf, der mit dem Sound der Formation erfreulich gut harmoniert und in seiner schwärmerischen Dynamik als ein belebendes Element angesehen werden kann. Diese Rezeptur pendelt im weiteren Verlauf geschickt zwischen einem schöngeistigen Wohlklang und beherztem Light-Jazzrock. Griffige Melodien waren bei Lady Lake in dieser Phase kein Fremdwort, wobei das melodische Gesamtbild stets mit einer symphonischen Eleganz im Einklang steht und dabei auch nicht das Auge für den passenden Groove verliert. Mit der rund zehn Minuten währenden Nummer "22 cm ii" können die Holländer ihren zeitlosen Instrumentalrock in schwelgerischer Ausgelassenheit zum Höhepunkt bringen. Anmutige Eleganz und beherzte Dynamik wissen sich hier vortrefflich zu ergänzen. Sondtechnisch präsentieren sich die Aufnahmen von "Unearthed" unter Berücksichtigung der Tatsache, dass hier Proberaumaufnahmen vorliegen, auf einem mehr als akzeptablen Niveau. Auch wenn stellenweise ein wenig der notwendige Feinschliff fehlt, sind diese Aufnahmen ein gutes Beispiel dafür, dass man die unverfälschte symphonische Eleganz auch bis in die frühen 80er Jahre hinüberretten konnte. Wer Focus und Camel verehrt, sollte Lady Lake unbedingt antesten.
Horst Straske
© Progressive Newsletter 2007