CD Kritik Progressive Newsletter Nr.56 (07/2006)

Tantalus - Lumen Et Caligo II (LEC II)
(65:17, Force Ten Productions, 2004)

Tantalus ist eine aus Südengland stammende neoprogressive Melodikrock Band, die bei der Namensfindung von der griechischen Mythologie inspiriert wurde. Tantalus, ein Sohn des Zeus, wurde von den Göttern für seine beleidigenden Taten in die Unterwelt verbannt und musste dort schlimmste "Tantalusqualen" erdulden. Zum Glück hat für mich das Hören ihres aktuellen 5. Werkes nichts mit "Tantalusqualen" zu tun. Ganz im Gegenteil. Das musikalische Potential von Tantalus hat sich seit ihrer ersten Veröffentlichung "Smoking angels" im Jahre 1994 um Mastermind und Keyboarder Max Hunt kontinuierlich verbessert. Die Qualität des ersten Teiles von Lumen Et Caligo (Licht und Schatten) aus dem Jahre 2002 bestätigt sich hier nachhaltig. Basis hierfür ist sicherlich, dass LEC II in der gleichen Besetzung eingespielt wurde wie auch schon sein Vorgänger. Ein weiteres Qualitätsmerkmal der Gruppe liegt in deren kompositorischen Vielfältigkeit. Hier wird fließend Melodik-Rock a la Asia oder Greg Lake mit folkloristischen Anleihen wie bei Mostly Autumn oder Renaissance sowie klassischen Inspirationen im Stil eines Rick Wakeman oder Robert Reed / Magenta und rockigen Passagen verbunden. Das alles wird getragen von der melodischen und sanften Stimme Bob Leeks, der ebenfalls die Rhythmusgitarre bedient. Eben dieser Bob Leek ist im wesentlichen für vier der zehn Kompositionen verantwortlich. Einleitend mit "Pumping the Bass" zeigen seine Lieder hauptsächlich melodisch eingängigere Melodien, wie sie auch bei Asia oder John Wetton zu finden sind. Keyboarder Max Hunt zeigt in vier Eigenkompositionen, dass die klassischen, folkigen und rockigen Töne einen vielfältigeren Songaufbau aufweisen. Vor allem das im Stil einer Filmmusik mit "ambienten Klängen" interpretierte Stück "Howlporth" ("Salty dog" von Procol Harum und "Quadrophenia" vonThe Who lassen grüßen) und das dritte Instrumental "Route Six Junction Twenty Two" (feinste Leadgitarre von Nick Beere) gefallen besonders. Neben dem 22-minütigem Longtrack ist noch "Barret's Zawn / Here and bow" zu erwähnen. Hier rockt und groovt es in den über 5 Minuten, die Keys werden variationsreich bedient und das Thema gewechselt. Max Hunts Frau Gerlinde spielt im Mittelteil des Songs eine wunderbare, ruhige klassische Melodie auf der Flöte, so dass es mir als Klassikrock Fan warm ums Herz wird. Als letzter Song bietet der Longtrack "Mad dogs and murders / Part I - Part VII", komponiert von Keyboarder Max Hunt und Bassist Jason Tilbrook, alle Facetten der Musik von Tantalus. Mit u.a. Voice-Synthesizer, Balalaika und Akkordeon spielen sie klassisch-folkloristisch, verbinden Floydsche Klang- und Samplefragmente mit Keyboardlandschaften, wie man sie von Rick Wakeman kennt, und halten überwiegend die melodische Grundstruktur, trotz vieler Themenwechsel bei. Auch hier darf Nick Beere an der Leadgitarre zum Ende wieder mit einem äußerst gefühlvollen Soli glänzen. Daumen hoch! Leider gibt es Tantalus in dieser Besetzung nicht mehr, da Leek, Beere und Tilbrook Anfang 2005 der Band den Rücken kehrten und die psychedelic Spaceprogger "Day Shift" gegründet haben. Max Hunt hat aber alle Positionen wieder neu besetzt und nun auch den Leadgesang übernommen. Ich bin jedenfalls auch auf die neuen Tantalus sehr gespannt. "LEC II" könnt Ihr übrigens über die Homepage der Band beziehen.

Wolfram Ehrhardt



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