CD Kritik Progressive Newsletter Nr.56 (07/2006)

Lizard - SPAM
(53:02, Metal Mind, 2006)

Mit ihrem vorletzten Album "Psychopuls" wilderten Lizard ziemlich offensichtlich, aber sehr gekonnt im King Crimson Terrain, nahe an der Grenze des Plagiats. Der Nachfolger "Tales from the artichoke wood" setzte dann wieder vermehrt auf eigene Originalität und ging zurück zu den eigenen Wurzeln. Das aktuelle Werk "SPAM" ist so etwas wie die ausgewogene Schnittmenge dieser beiden Welten. Der meist gut rockende Progressive Rock der Polen baut vor allem auf die Wucht der Gitarre, bestens ergänzt durch die mehr sphärisch, leicht jazz-rockig angelegte Geige, schaltet aber auch in den mehr lyrischen, zurückgenommenen Passagen das Tempo einige Gänge zurück. Auch wenn eine eher kernige Spielart vorherrscht, der polnische Gesang zusätzlich für eine gewisse Kantigkeit sorgt, so gelingt es Lizard dennoch immer noch, griffige, wenn auch nicht sofort eingängige Melodien einzuweben. Die generelle Soundveränderung hin zu aktuellen Klängen wurde bereits auf den Vorgängeralben vollzogen, dennoch ist immer noch der Einschlag und die Inspiration zu den 70ern zu erkennen, nur eben in einem modernisierten Soundgewand. Während der Opener "SPAM #1" noch im typischen Lizard Stil zwischen leicht düsterem, aber schwungvollen Progressive Rock gehalten ist, folgt bei "SPAM #2" im Schlussteil wieder eine eindeutige King Crimson Reminiszenz. Das klingt zuerst von den modernen King Crimson im Stil vom "The construKction of light" Album inspiriert, während einem anschließend "Red" und "Lark's tongues"-artige Riffs um die Ohren geblasen werden. Doch kehrt die Band danach wieder zu mehr Originalität zurück, so dass die auch später noch folgenden Zitate bzw. Einflüsse mehr als Auflockerung, denn als gänzlich im Fahrwasser des karmesinroten Königs zu sehen sind. Vor allem im instrumentalen Bereich, im Zusammenspiel von Gitarre und Geige gelingen Lizard einige mitreißende Momente (besonders der energische, sich immerfort steigernde Schlusspart des Albums), auch wenn man insgesamt der Musik eine gewisse sympathische Sprödigkeit attestieren kann. Sorgt im Email-Posteingang "SPAM" eigentlich nur für Ärger und Verdruss, so ist diese polnische Variante um einiges begeisternder und darf gerne mehrfach den Weg in den eigenen CD Player finden.

Kristian Selm



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