CD Kritik Progressive Newsletter Nr.50 (12/2004)

Chain - Chain.exe
(79:57, Progrock Records, 2004)

Oh Weh, dieses Werk der Gruppe Chain hat's wirklich in sich, man wird regelrecht überfahren von dieser fast 80-minütigen anhaltenden musikalischen Vielfalt. Nun aber erst mal der Reihe nach, Chain ist eine deutsch-amerikanische Band, die hier Ihr zweites Album vorlegen. Die Hauptbesetzung bilden fünf Musiker: Bass - Christian Becker, Keys - Stephan Kernbach (beide bei der Band Transmission tätig), Gitarre und Keys - Henning Pauly (bekannt durch "Frameshift"), Drums - Eddie Marwin und Gesang - Matt Cash. Aber damit nicht genug, denn dazu gesellen sich noch Sage und Schreibe acht Gastmusiker, u.a. Michael Sadler (Saga) und der begnadete Gitarrist Mike Keneally um nur mal die bekanntesten mit Namen zunennen, und eben noch diverse Sänger und Sängerinnen sowie zusätzlich Musiker am Bass und Saxophon. Damit kann man sich schon ungefähr vorstellen, was einen hier erwartet. Ich würde es mal als bombastisch verspielten Prog Metal bezeichnen, mit Einfluss aller möglichen Musikstile, sei es "normaler" Metal, Prog Rock, Melodic Rock, AOR, bis hin zu programmierten Orchester Teilen, alles irgendwo im gewissen Grenzbereich zu hören. Auch die zusätzliche, für diese Musikausrichtung nicht gerade üblichen Instrumentenauswahl wie Saxophon, Banjo, Harfe, Klavier und den verschiedensten Gesangseinlagen über Gospel, düsteren Chören bis hin zu leicht sphärischen Gesang, stehen für ein großes Ideenreichtum. Phasenweise kann eine Verwandtschaft, nicht nur wegen den typisch nachgeahmten kurzen Heavy Gitarrenriffs und den wechselten sowie vielseitigen Gesangsparts zu den härteren Ayreon-Alben ("Flight of the Migrator" u. "The human equation") hergestellt werden. Aber auch die Band Magellan kann hierbei erwähnt werden. Doch klingen die Kompositionen bei Chain noch lange nicht so ausgereift wie wir es von diesen beiden Formationen her kennen. Obwohl hier, und das ist deutlich zuhören, sehr gut ausgebildete Musiker am Werk sind. Aber genau da fangen meine Kritikpunkte an, denn aus Musikersicht mag dies alles sehr anspruchsvoll und herausfordernd sein, aber um eine gelungene CD einzuspielen ist dies eben noch lange nicht alles. Das soll jedoch nicht bedeuten dass ich etwas gegen gute Musiker habe, ganz im Gegenteil doch für den Zuhörer wirkt einiges zu gestückelt und im Stilwechsel oftmals zu krass, man wird einfach zu sehr hin und her gerissen, und verliert somit schnell den Faden. Zudem kann mich Hauptsänger Matt Cash nicht wirklich überzeugen, dies macht dann aber Gastsänger Michael Sadler locker wieder gut, auch wenn er lediglich an zwei Songs beteiligt ist, u.a. der Saga-Coversong "Hot to cold". Meiner Meinung nach hätte diese Veröffentlichung mit etwas mehr Gefühl für Maß und Ziel mit Sicherheit ein größeres Hörerpotential gehabt, so befürchte ich, ist die Musik von Chain nicht gerade jedermanns Sache, weder die reine Prog Metal-Gemeinde noch der aufgeschlossene Prog Rock-Freund wird sich davon wohl kaum zu Hundertprozent begeistern können, obwohl die musikalische Darbietung sehr lobenswert ist.

Andreas Kiefer



© Progressive Newsletter 2004