CD Kritik Progressive Newsletter Nr.49 (08/2004)
Paatos - Kallocain
(51:36, InsideOut, 2004)
Irgendwann kriegen wir sie alle. So könnte das Motto lauten, wenn man sich die Bands und Interpreten betrachtet, die InsideOut inzwischen unter ihren Fittichen haben. Mit Paatos betritt man nun einen weiteren musikalischen Bereich, der sich doch recht weit außerhalb des sonstigen musikalischen Repertoires des führenden Progressive Rock Labels befindet. Mutige, aber richtige Entscheidung, denn bereits mit ihrem Debüt "Timeloss", mit den Auftritten auf dem letztjährigen Freakshow Festival und im Frühjahr im WDR "Rockpalast", bewies das schwedische Quintett seine unvergleichlichen Qualitäten. "Kallocain" setzt einerseits auf die Elemente von "Timeloss", dokumentiert aber andererseits die Weiterentwicklung der Band. Geblieben sind die vielen ruhigen, oftmals melancholisch erscheinenden Momente, der Hang zu gefangennehmenden Melodien voll Traurigkeit, auch wenn man mit dem geschickt mit härteren und weicheren Passagen spielenden Kracher "Gasoline" das Album untypisch, aber fulminant beginnt. Klanglich haben sich die Schweden zum Teil mehr hin zu moderneren Sounds entwickelt, auch wenn natürlich vor allem das gute alte Mellotron immer noch zu seinem Recht mit fast schwerelos wirkenden Klangkaskaden kommt. Als Fixpunkt betört die samtweiche Stimme von Petronella Nettermalm wiederum nachhaltig die Sinne, die mit ihrer Tonlage oftmals bei den Kritikern den Vergleich zu Björk bzw. Portishead Frontfrau Beth Gibbons heraufbeschwor. Gerade Titel wie "Reality" oder das sehr getragene "Stream" werden diesem Vergleich wiederum gerecht, auch wenn die Schwedin doch in einem sehr eigenen Stil ins Mikrofon haucht. Vor allem der aus dem Jazz Bereich kommende, im angesehenen Berklee College studierende neu hinzugestoßene Gitarrist Peter Nylander, verleiht mit seinem weit weniger verzerrten, vielschichtigen, immer prägnanten Spiel, den Klängen von Paatos eine neuen Anstrich. Genauso wird gerne mal geschmackvoll mit Samples und elektronischen Klängen herumgespielt. Als Tüpfelchen auf das I wurde der Mix übrigens noch von Steven Wilson verfeinert, mit dessen Band Porcupine Tree Paatos letztes Jahr einige Gigs in Schweden bestritten. Paatos haben mit "Kallocain" ein weiteres, zeitlos wirkendes Album abgeliefert, dass einen mit seiner zurückgenommenen Verträumtheit gefangen nimmt. Melancholisch, traurig und wunderschön.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2004