CD Kritik Progressive Newsletter Nr.49 (08/2004)
Scott Jacks - You know me by now
(50:16, Socan, 2003)
Wer die Kritik zu First Aid gelesen hat, der kann dem Albumtitel von Scott Jacks "You know me by now" zustimmen. Für alle anderen und als kleine Randnotiz: Scott Jacks ist der jüngere Bruder von Terry Jacks, der in den 70ern mit "Seasons in the sun" einen heute immer noch gerne bei den Oldiesendern gespielten Hit hatte. Aber zurück zu Scott. Das vorliegende Album ist das zweite Werk des Singer / Songwriters aus Westkanada, der genreübergreifend auf Elemente aus Progressive Rock, Ambient und Jazz zurückgreift. Über dem ganzen Album liegt irgendwie ein sehr lebendiger, schwebender, luftiger Grundcharakter. Dies mag zum einen an den gelegentlichen Flöten-Auftritten von Holly Burke liegen, die in flirrendem Spiel jazzige Leichtigkeit versprühen, mag zum anderen an den vielen das Album bestimmenden, akustischen Augenblicken liegen, die in der offenen, klanglich hervorragend aufbereiteten Produktion erst richtig zur Entfaltung kommen. Scott Jacks versteht es die verschiedensten Elemente geschickt in seine Musik einzubauen, wobei er dann am überzeugendsten wirkt, wenn er sich mehr auf die Singer / Songwriter, die akustische Seite schlägt oder sich aber ganz konsequent dem mehr progressiven, verspielten Material widmet. Leider ist der Kanadier nicht gerade ein Stimmwunder, was vor allem bei den mehr orchestralen, rockigeren Titeln zu Buche schlägt. Für ruhige Nummern sind seine Stimmbänder jedoch bestens geeignet. Diesem Makel bewusst ist die Musik dann auch weitgehendst rein instrumental gehalten. Die verschiedenen Einflüsse dienen immer als Mittel zum Zweck, denn der Song, meistens im melodischen Bereich mit leicht melancholischer Atmosphäre angesiedelt, steht bei Scott Jacks eindeutig im Vordergrund. Dennoch steckt in den ausgefeilten Arrangements, jede Menge Detailarbeit versteht es Jacks durch manchmal fast schon poppige Einfälle und leicht jazzigen Einschlag der Musik die nötige Tiefe zu verleihen. "You know me by now" zündet nicht unbedingt beim ersten Mal, man benötigt mehrere Durchläufe um das Material in seiner Gesamtheit zu erfassen. Den Puristen mag der Progansatz wahrscheinlich nicht konsequent genug sein, der Jazzliebhaber wird mit einer deutlichen Verwässerung dieses Genres argumentieren. So ist "You know me by now" vor allem ein Geheimtipp für diejenigen, die es gerne etwas stilistisch übergreifend, sehr relaxt mögen, nicht unbedingt immer die volle Quintessenz des jeweiligen Genres benötigen. Genau für diese, ist dieses Album ein willkommener Zeitvertreib.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2004