CD Kritik Progressive Newsletter Nr.49 (08/2004)

Glass Hammer - Live at Nearfest
(72:45, Nearfest Records, 2004)

Eigentlich hatten Glass Hammer jegliche Liveaktivitäten bereits vor Jahren ad acta gelegt, als sie mit dem Angebot auf dem prestigeträchtigen Nearfest zu spielen, quasi über Nacht überrumpelt wurden und somit auf einmal vor völlig neuen Herausforderung standen. Steve Babb und Fred Schendel mussten lernen ihre eigene Musik am Stück zu spielen, sowie sie vor der Aufgabe standen eine Band zusammenstellen, die auch in der Lage war, ihre Songs live zu präsentieren, die dafür in ihrer Opulenz und ausschweifenden Studiotechnik niemals angedacht waren. Doch diese Aufgaben, dazu noch die Hinzunahme eines vielstimmigen Chors (u.a. mit den Galgano-Brüdern von Izz), sowie Kansas Gitarrist Rich Williams als weiteren Gast, wurde mit Bravour gemeistert, denn selten klangen Glass Hammer so überzeugend, auch wenn der entsprechende, zeitlich völlig aus dem Ruder laufende Soundcheck erheblich Kopfzerbrechen bereitete. Doch dennoch kommt im Livegewand der sinfonische Retro-Prog der Studioaufnahmen wesentlich ruckvoller und ausgewogener herüber als bei den Originalen. Vor allem Schlagzeuger Matt Mendians verleiht den Stücken den rechten Drive. Die Musik gewinnt erheblich durch echte Interaktion, bekommt mehr Dynamik durch richtiges Zusammenspiel und bestens abgestimmten mehrstimmigen Gesang. Fast jedem Augenblick merkt man den Amerikanern an, dass sie einen Riesenspaß auf der Bühne hatten. Das Hauptaugenmerk des Sets liegt auf dem ausschweifenden, ausgiebig sinfonischem Material von "Lex Rex", welches durch einige ältere Titel, sowie dem Kansas Cover "Portrait (He knew)" (mit Rich Williams) ergänzt wird. Mitgeschnitten wurde übrigens der ganze Set vom Nearfest Auftritt, inwieweit noch im Studio einiges korrigiert wurde, ist leider nicht bekannt, da die Aufnahmen doch erschreckend perfekt klingen, jedoch das Livefeeling deutlich hörbar ist. So macht "Live at Nearfest" letztendlich Hoffnung auf mehr, dass die Power und Spielfreude der Liveband hoffentlich auch zukünftig ins Studio transportiert werden kann.

Kristian Selm



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