CD Kritik Progressive Newsletter Nr.42 (12/2002)

Glass Hammer - Lex Rex
(66:55, Sound Resources, 2002)

Ganz bescheiden und völlig selbstkritiklos haben Glass Hammer versucht mit ihrem aktuellen, siebten Werk "Lex Rex", einfach das beste Glass Hammer Album aller Zeiten abzuliefern. Nach ihrem letztjährigen, wiederholten Kurzausflug zu den Ufern von "Herr der Ringe" mit "The middle earth album", welches entsprechend dem thematischen Zusammenhang stilistisch sehr folkig ausgerichtet war, geht es jetzt wieder direkt zurück in die 70er, tief hinein in die Blütezeit des Progressive Rocks. Im Vergleich zum musikalischen Vorgänger "Chronometree", hat man sich dieses mal, statt der ELP Schiene, mehr yes-igen Fahrwasser zugewandt. Mehr Gitarrenbombast, elegant verzahnte Gesangharmonien und jede Menge filigrane Keyboardläufe - dies sind die augenscheinlichsten Markenzeichen eines Albums, dass den eigenen, sehr hohen Ansprüchen der Band fast problemlos gerecht wird. "Lex Rex" ist, wenn man es sehr böse formulieren wollte, ein Album ohne jegliche Überraschungen. In Anbetracht dessen, was aber mit diesem Werk musikalisch wirklich beabsichtigt ist, handelt es sich zweifelsohne um ein Klasse-Album auf allerhöchstem Niveau. "Lex Rex" handelt von einem römischen Soldaten, der auf diesem Konzeptwerk und seiner Suche nach Ruhm und Ehre, jede Menge Abenteuer bestehen muss, bei denen er sogar die antike Göttin Aphrodite trifft. Das Album ist von der ersten bis zur letzten Minute eine gewollte und vollständig beabsichtigte musikalische Rückorientierung, die von den beiden Hauptakteuren und Multiinstrumentalisten Fred Schendel und Steve Babb in typisch amerikanischer Lässigkeit und Professionalität ihre Umsetzung erfährt. Ob flirrende Gitarrenläufe, ächzende Hammondorgel, gänsehauterzeugende Mellotronakkorde oder flinke Synthieläufe - Glass Hammer geben den Fans von ursprünglichem, unverwässerten Progressive Rock der alten Schule genau das, was sie erwarten und an diesem Stil so lieben. Dabei haben die beiden Protagonisten über die Jahre ihr Können immer mehr verfeinert und entscheidend perfektioniert, womit einerseits "Lex Rex" komplett wie aus einem Guss wirkt, aber andererseits, trotz gewollter Zitate, durchaus eigenständig bleibt. Neben den beiden Hauptakteuren gibt es ein u.a. Wiederhören mit den langjährigen Weggefährten Walter Moore (Gesang) und David Carter (Gitarre), wie dieses mal als weitere Gastgitarristen Charlie Shelten von Somnambulist, sowie der norwegische Multiinstrumentalist Björn Lynne in die Saiten greift. Daneben sorgt die satte, fette Produktion für die rechte Power der insgesamt 11 Tracks, die sich bis auf einige Ausnahmen, meist in soliden Longsongformat zwischen 7 bis 15 Minuten tummeln. Um dem sinfonischen Bombast ein Gegengewicht zu bieten, sorgen einige kurze Überleitungen für die ruhigen, besinnlichen Momente, was das Album vor einer gnadenlosen Überfrachtung rettet und in ein kompaktes, ausgewogenes Gesamtkorsett setzt. Beste progressive Unterhaltung nach Motto "Give the people what they want"!

Kristian Selm



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