CD Kritik Progressive Newsletter Nr.48 (04/2004)
Wappa Gappa - Gappa
(68:46, Musea, 2004)
Wenn unter dem ganzen Wust an Neuveröffentlichungen, mit denen mal als armer Schreiberling zugeschüttet wird (bitte eine Runde Mitleid, ohhhhh!), endlich mal wieder eine für einen bekannte Band auftaucht (die dummerweise wieder mal die Allgemeinheit gar nicht kennt, so'n Mist!), huscht gleich ein freudiges Grinsen über das Gesicht des Audiogequälten. Vertrautes Terrain, bekannte Laute und der Glaube, genau zu wissen, was einen erwartet. Klarer Fall von Denkste. Standen die ersten beiden Alben von Wappa Gappa für feinsten sinfonisch angehauchten, melodischen Progressive Rock aus Japan, so sind die letzten sechs Jahre seit dem letzten Output "A myth" inhaltlich nicht ganz spurlos an dieser Band vorbei gegangen. Wappa Gappa stehen immer noch für qualitativ hochwertige Musik und gehören sicherlich zu den aktuell besten japanischen Bands aus dem Progressive Rock Bereich. Doch hat sich ihre Stilistik weg vom sinfonischen Bereich, hin zu mehr sperrigen, komplexeren Arrangements verschoben, finden sich auf einmal jede Menge spielerisch verarbeitete Jazz Rock Muster in ihren Songs wieder. Doch dieser Wechsel kann zum großen Teil als überaus geglückt bezeichnet werden, denn die sehr guten Musiker haben nicht nur das Können das anspruchsvollere Material zu spielen - vor allem Gitarrist Yasuhiro Tachibana und Tastenmann Hideaki Nagaike brechen zu manch fulminanten Sololauf auf -, sondern der Mix aus komplexen und melodischen Momenten verleiht dem Album jede Menge Überraschungen und Vielfalt. Auch das Gesamtresultat wirkt stimmig und überaus unangestrengt. Sucht manch Vergleichsmomente, so kann man hier für den Japankenner als Orientierung Providence angeben. Um der ganzen Euphorie jedoch ein paar Einschränkungen zu geben, sollte zum einen nicht unerwähnt bleiben, dass die sehr gute Sängerin Tamami Yamamoto gerne zu Tonlagen aufbricht, die bisher noch kein europäisches Ohr gehört hat und somit nicht immer unbedingt leicht verdaulich bleibt. Ebenso finden gelegentlich eigenartige, sehr östlich klingende Melodielinien ihren Platz, die es ebenfalls erst einmal hörtechnisch zu überqueren gilt. Für manche mögen diese Hürden unüberwindbar sein, bei toleranteren Ohren kann man dies als willkommene Exotik verbuchen. "Gappa" wird aufgrund der gerade angeführten Einschränkungen wohl wieder mal auf den kleinen Kreis der Nippon Spezialisten beschränkt bleiben. Schade eigentlich, denn dieses Album ist auf jeden Fall eines der besten Werke, die in letzter Zeit aus dem ganz fernen Osten in unsere Gefilde vorgedrungen ist. Vielleicht schiebt ja doch noch mancher seine Hörbedenken zur Seite.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2004