CD Kritik Progressive Newsletter Nr.48 (04/2004)
London Underground - Through a glass darkly
(47:35, Musea, 2003)
Die Zeitreise geht weiter. Wie schon beim titellosen Debüt, geht es auch beim Nachfolger von London Underground wieder tief zurück in die späten 60er, frühen 70er. Die Mannen um Schlagzeuger und Sänger Daniele Caputo (einfach genial passend dieser Name!) haben sich in jeglicher Hinsicht voll und ganz der Vergangenheit verschrieben. Das reicht vom Layout des Albums bis hin zum Outfit. Schaut man sich die unterbelichteten Verbrecher-Bilder der Musiker im Booklet an, so scheinen Backenbart, verkiffter Gesichtsausdruck und düsterer Blick wieder mächtig en vogue zu sein. Konsequent setzt sich der rückwärtsgerichtete Ansatz logischerweise bis in die Musik fort. Integrale Bestandteile bei London Underground sind fette Hammondakkorde, psychedelische Gitarrenexkursionen und leicht verklärt schwebende, aber auf den Punkt gebrachte Kompositionen. In meist vier Minuten gelingt dem Vierer aus Bella Italia die volle Songaussage zu präsentieren, wo sich andere Bands in ellenlangen Fragmenten verlieren. Dies bedeutet aber keineswegs, dass der songdienliche Ansatz der Italiener billig daherkommt. Vielmehr gelingt es dem Quartett kompakt, aber dennoch interessant, sein "Back to past" Konzept zu präsentieren. Ähnlich wie bei Five Fifteen oder Bigelf funktioniert die musikalische Rückschau ohne Peinlichkeiten, klingen London Underground trotz aller Vergangenheitsseligkeit niemals angetagt. Zur inhaltlichen Anreicherungen werden den nachvollziehbaren, melodischen Ideen kleinere Zutaten aus Blues und Jazz gereicht, die Grundausrichtung ist aber handfest im Rock und vor allem im Psychedelic Rock, der vor rund 35 Jahren seine Blüte feierte, verwurzelt. Weder der englischsprachige Gesang, noch die Orientierung an britische Vorbilder, lässt Rückschlüsse auf die südeuropäische Herkunft zu. Und somit geht die Zeitreise gelungen und einfallsreich im fetten Orgelsound weiter.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2004