CD Kritik Progressive Newsletter Nr.46 (10/2003)

The Tangent - The music that died alone
(48:10, InsideOut, 2003)

Langsam frag ich mich wirklich, ob die unzähligen Veröffentlichungen von diversen Neben- und Soloprojekten der Flower Kings-Mitglieder nicht etwas zu viel des Guten sind. Denn auch bei "The Tangent" handelt es sich wieder um ein Projekt mit halber Flower Kings- Mannschaft. Na ja, solange die Qualität bzw. Originalität nicht darunter leidet kann es uns eigentlich nur recht sein. Ins Leben gerufen wurde "The Tangent" von Andy Tillison bekannt als Bandleader von "Parallel Or 90 Degrees", der normalerweise in diesen Jahr sein erstes Soloalbum vorlegen wollte. Mit bringt er auch Sam Baine ebenfalls "PO90D", sowie seinen Freund Guy Manning der uns als Solokünstler ein Begriff sein sollte (aktuelle CD-Kritik von "Manning" im PNL 45 nachzulesen). Dazu kommen eben noch von den Blumenkönigen, Rone Stolt, Jonas Reingold, Zoltan Csörsz, und kein geringerer als David Jackson von Van Der Graaf Generator. Eingespielt wurde das Werk im Jahre 2002-2003 in Schweden und Großbritannien. Um es gleich vorweg zunehmen, als Flower Kings Abklatsch kann man dieses Projekt wirklich nicht bezeichnen, auch wenn dies durch einen gewissen Wiedererkennungswert der einzelnen Musiker aufgrund ihrer Art die Instrumente zu bedienen sehr nahe liegt. Und gleich nach den ersten Takten der CD wird deutlich wohin der Weg dieser Formation führt, hier geht es weit zurück in die progressive Ära der 70er Jahre. Fetter Mellotron und Hammond-Sound eröffnen das Album, hinzu flirrende Gitarrenläufe, auch mal mit 12 String-Gitarren aufgelockert und natürlich die gekonnte Rhythmusarbeit von Z. Csörsz (Schlagzeug) und J. Reingold (Bass), wie es sich eben für die damalige Glanzzeit des Genres so gehörte. Für den gewissen Jazz-Anteil sorgt D. Jacksons Saxophonspiel, dabei wird das Instrument nicht nur für die normalen Solis genutzt, vielmehr dient es als Gegenpol zur Gitarre, aber auch die Klaviereinlagen von S. Baine tragen ihren Teil dazu bei. Den gelegentlichen Gesang teilen sich R. Stolt, A. Tillison und G. Manning, der sich zudem auch für die akustischen Instrumente verantwortlich zeigt. So entstehen sehr abwechslungsreiche und häufig ausufernde frickelnde Instrumentalparts, die sich durch Klavier, Flöte oder Mandoline immer wieder geschickt beruhigen. Natürlich kommt einem dass ein oder andere Arrangement doch sehr bekannt vor, da man sich doch sehr stark an den klassischen englischen Progressive Rock der alten Schule, und an den damaligen Cantbury-Stil orientiert hat. Erinnerungen an Bands wie ELP, VDGG, Caravan oder auch Yes sind offensichtlich und werden teilweise auch offen und bewusst dargelegt. Das ja auch schlichtweg Sinn und Zweck dieses Projektes sein soll. Dabei verzichtet man auf jegliche moderneren Zutaten, wie dies im Gegenteil Bands wie z.B. Spock's Beard oder The Flower Kings zelebrieren. So klingt das ganze Album leicht angestaubt und etwas zu unspektakulär. Wobei dies nicht an der Produktion liegt, diese ist sauber und klar. Auch den Chorgesang sehe ich als kleinen Schwachpunkt, der doch an machen Stellen zu getragen wirkt. Der jedoch aufgrund der perfekten instrumentellen Darbietung leicht zu verkraften ist. Die vier Songtitel, sind in durchgehende Untertitel aufgeteilt, somit besteht das Album eigentlich aus einem Longsong mit ca. 48 Minuten Spielzeit. Das Artwork wurde übrigens von einem weißrussischem Künstler Namens Ed Unitsky entworfen. Natürlich stellt sich nun wieder die Streitfrage, ob ein solch stark beeinflusstes Album überhaupt einen Sinn hat, wenn sowieso jeder Progliebhaber die guten alten Originale der 70er Jahre im CD-Regal stehen hat. Wer jedoch auf die etwas eigene Note verzichten kann, und gerne mal in Nostalgie schwelgt, liegt bei dieser Veröffentlichung richtig.

Andreas Kiefer



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