CD Kritik Progressive Newsletter Nr.46 (10/2003)

Bigelf - Hex
(60:56, Warner Music, 2003)

Bigelf sind vom Sound und Instrumentarium ganz eindeutig in den 70ern hängen geblieben. Da quietscht die Orgel ganz vergnügt, das Mellotron säuselst sanft, gibt sich die Gitarre dreckig-rockig dem Hard Rock der Vergangenheit hin. Doch scheinen die vier Amis damit genau den aktuellen Zeitgeist getroffen haben, obwohl bei ihnen wirklich alles nach Vergangenheit klingt - dies aber dafür richtig gut! Und so landeten sie schließlich mehr oder minder überraschend, endlich bei einem Majorlabel, ohne sich stilistisch anbiedern zu müssen. Vergleicht man den aktuellen Longplayer "Hex" mit den Vorgängern, so fällt auf, dass es dieses mal deutlich psychedelischer, zugleich aber wesentlich eingängiger zur Sache geht. Nicht nur einmal fühlt man sich an die Spätphase der Beatles erinnert, trotzdem das Album wie die Sau rockt und wuchtig reinhaut. Bigelf lassen es aber immer noch gerne etwas heftiger krachen, gelegentlich werden Prog Rock Phrasen gedroschen, doch im Gesamteindruck wirkt die Band gezähmter, nicht immer nur vom überschäumenden Rockmonster getrieben. So ist der erste Höreindruck etwas von Zurückhaltung geprägt, besonders wenn man die Power der Vorgängeralben im Hinterkopf hat, wobei dieser Vorbehalt gerade gegen Ende des Albums relativiert wird. Richtig harmlos ist das Gebotene beileibe nicht, lediglich in kürzere Songkorsette gequetscht. Doch gerade der verstärkte melodische Gedanke, stellt Zugänglichkeit und Songschreiberqualitäten zur Schau. Wo früher expressive Orgelattacken an den Tag gelegt wurden, rockt man jetzt wesentlich erdiger los. "Hex" ist vom Grundgedanken mehr eine Rockscheibe, selbst wenn die Keyboards (vor allem die volle Mellotronbreitseite) immer noch integraler Bestandteil des typischen Bigelf Sounds sind. Dass es sich augenscheinlich um ein Bigelf Album handelt, erkennt man bereits nach wenigen Takten, irgendwie gelingt es den Amis, trotz Rückblick in die Vergangenheit, eigenständig und fast sofort erkennbar zu bleiben. Nett auch, wie "Bats in the Belfrey I" von den Anfangsakkorden sehr stark an das "James Bond Theme" orientiert ist. Eher wohl Zufall, denn beabsichtigt?! "Hex" fährt den Prog Einfluss der früheren Werke leicht zurück - es sind jetzt vor allem der überschlagene Gesang und schwere Gitarrenriffs, die dieses Album beherrschen. Die Klasse des Vorgängers "Money machine" erreichen Bigelf dieses mal nicht ganz. Wer jedoch gerne hart rockend in der Vergangenheit schwelgt, macht dennoch bei diesem Album nichts falsch, denn irgendwie gräbt sich dieses Werk direkt in die Hörvernerven ein.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2003