CD Kritik Progressive Newsletter Nr.42 (12/2002)
Amarok - Mujer luna
(51:49, Luna Negra, 2002)
Bereits im letzten Heft war von einer Band namens Amarok die Rede, es handelte sich dabei um eine polnische Formation. Etwas länger aktiv ist die gleichnamige Band aus Spanien, die mit "Mujer luna" ihr mittlerweile fünftes Album vorlegt. So ganz tief in den Hirnwindungen kann ich mich sogar noch an ihr recht ruhiges Debüt "Els nostres petits amics" erinnern, welches als einziges Album der Band, vor rund sechs Jahren in Heft Nr.11 besprochen wurde. Die Besetzungsliste liest sich recht imposant, nicht weniger als 12 Musiker tummeln sich auf diesem Album, wobei Multiinstrumentalist Robert Santamaría, den Löwenanteil des Komponierens und Spielens übernimmt. Interessant dabei, dass jede Menge antike und ungewöhnliche Instrumente aus der ganzen Welt zum Einsatz kommen, deren Existenz und Namen mir zum Teil bisher nicht mal andeutungsweise bewusst waren. Neben Santamaría setzt sich bei den insgesamt fünf Gesangstiteln, vor allem Sängerin Marta Segura in angenehmer Stimmelage, ohne übertriebenes südländisches Pathos, in Szene. Die Texte sind ausschließlich in spanisch gehalten, im Booklet bekommt man dafür als Hilfestellung die englischen Übersetzungen. Musikalisch erfährt das Album bei so viel exotischem Handwerkszeug, unweigerlich einen folkloristischen Anstrich. Dabei reicht die weltmusikalische Reise von den katalanischen Ursprüngen bis hin zu orientalischem, arabischem Einschlag. Verspielt und variationsreich arrangiert, weben sich so Instrumente aus vielerlei Kontinenten zu einem kunstvoll gestalteten Klangteppich zusammen, ohne den Eindruck eines Patchworks zu hinterlassen. Über den 10 Titeln schwebt ein verträumter Grundgedanke, es entstehen Kleinodien weltmusikalischer Kammermusik, die in manchen Momenten sogar richtig verschroben und versponnen agieren. Doch hier und da blitzt deutlich erkennbares progressives, bisweilen jazziges Gedankengut auf, vor allem durch Hammond-, Mellotronsounds, filigrane Gitarrensoli an der elektrischen Variante und sorgsam eingeflochtene Breaks auf der einen, Saxophonsoli im freien Stil auf der anderen Seite. So werden akustische Parts, elegant durch elektrische abgelöst, ohne den Gesamteindruck uneinheitlich erscheinen zu lassen. Eine ansprechende Reise durch verschiedene Epochen und Stile.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2002