CD Kritik Progressive Newsletter Nr.30 (05/2000)

Glass Hammer - Chronometree
(48:42, Arion Records, 2000)

Manchmal braucht es eben etwas länger. Seit 1993 veröffentlichen Glass Hammer ihre Album, qualitativ gab es bisher nie etwas zu meckern, doch inhaltlich konnten sie trotz des hohen Anspruches Althergebrachtes aus dem progressiven Bereich überzeugend neu zu verpacken, nicht immer gerecht werden. So gab es fast auf jedem Album Durchhänger zu verkraften, die dafür sorgten, dass sich Glass Hammer nie ganz nach vorne spielen konnten. Doch mit ihrem mittlerweile vierten Studioalbum könnte sich das ändern, denn "Chronometree" wirkt überzeugender und ausgewogener als die Vorgänger. Die Musik der Amerikaner lebt natürlich immer noch hauptsächlich von den Reminiszenzen an die Vergangenheit. Da quietscht die Hammond Orgel so richtig vergnügt wie bei Keith Emerson, da jubiliert die Gitarre filigran in bester Steve Howe Manier oder atmosphärische Keyboardteppiche im Stil von Pink Floyd oder Eloy legen sanft ihre Klangfülle aus. Doch dieses mal gibt es eine Spur mehr Bombast, mehr Tempo und solistische Einlagen, einen Tick mehr einprägsamer Melodien und zudem mit den Gastgitarristen Arjen Lucassen alias Ayreon und Terry Clouse von der U.S. Formation Somnambulist den ordentlichen Schuss Härte. Doch ist es auch die musikalische Bandbreite, die "Chronometree" interessant macht. Da gibt es zum einen richtig schöne Balladen, wie "A perfect carousel", während das folgende "Chronos deliverer" mit Chor, sich ständig steigernder Dynamik fast schon in ätherischen Galaxien emporsteigt, und natürlich die sehr ELP-lastigen Hammondorgien, wie der Opener "Empty space" oder "Chronoverture". Abgerundet wird das Album, wie immer bei Glass Hammer üblich, durch ein ansprechendes Artwork und einer netten, sehr amüsanten Geschichte im Booklet vom Progressive Hörer Tom, der durch zu viel Hören seiner geliebten Musik schließlich geheime Alien Nachrichten hörte und von jenen letztendlich entführt wird, nur um festzustellen, dass er durch zu viel Progressive Rock Hören seine kostbare Zeit verschwendet. Doch mit diesem Album läuft man hinsichtlich dieser Tatsache nicht in die Zeitfalle, den die knapp 50 Minuten sind sinnvoll verschwendete Zeit.

Kristian Selm



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