CD Kritik Progressive Newsletter Nr.42 (12/2002)

Camel - A nod and a wink
(55:46, Camel Productions, 2002)

30 Jahre Camel, eine stolze Zahl, gerade in der heutigen so schnelllebigen Zeit, wo so viele Bands nur schwerlich über das erste Album herauskommen. Zwar dauern die kreativen Schaffenspausen der wechselnden Mannschaft um Andy Latimer zwischen den Studioalben mal länger, mal kürzer - das letzte Studioalbum "Rajaz" erschein bereits 1999, die Wartezeit wurde aber durch zwei Livealben verkürzt - aber mit seinem eigenen Label und der typischen Camelerfolgsformel des Komponierens, hat er inzwischen einen guten Mittelweg gefunden, den eigenen, recht hohen Ansprüchen gerecht zu werden. "A nod and a wink" klingt zuerst einmal genau so, wie man es erwarten durfte: tolle Melodien, eine entspannte, unaufgeregte Stimmung, elegische Instrumentalparts vor allem an der Gitarre, aber auch Nathan Mahl Keyboarder Guy LeBlanc darf sich etwas mehr in den Vordergrund spielen, sowie der angenehme, sonore Gesang von Andy Latimer. Camel spielen Musik mit den gewissen "Nach-Hause-Kommen" Charakter. Einige Einfälle kommen einem ähnlich vor bzw. sind den vorherigen Alben angelehnt, aber dennoch klingt es immer wieder überzeugend und wirklich gut gemacht, was bei Camel als neues Endresultat daraus entsteht. Trotzdem ist "A nod and a wink" irgendwie anders, da es von einer sehr melancholischen Stimmung durchzogen ist. Zum einen bedingt durch die Ereignisse vom 11.September des letzten Jahres - "For today" ist jenen Menschen gewidmet, die sich, den Tod vor Augen, aus dem World Trade Center stürzten - zum anderen scheint auch der Tod vom langjährigen Wegbegleiter Pete Bardens, einen starken Eindruck hinterlassen zu haben. So gehören die Songs zu jenem Kaliber, die beim ersten Eindruck relativ unspektakulär, in gewisser Weise leicht enttäuschend wirken, jedoch ihre wahre, innere Schönheit beim mehrmaligen Anhören immer mehr entfalten. "A nod and a wink" spielt mit den Gefühlen und der unterschwelligen Einfachheit, jedoch sind die Arrangements so geschickt verwoben, ineinanderverflochten, dass genau darin die Stärke dieses Albums liegt. Sanfte Gesangsparts wechseln ab mit ausdrucksstarken, lebendigen Gitarrensoli, getragen von einer souveränen Rhythmusmaschinerie, die beim genauen Hinhören manch interessante Wendung offenbart. Dazwischen immer wieder sehr besinnliche, recht relaxte Momente, die als Gegenpol zu den langgezogenen, wunderschönen Soli stehen. So ist "A nod and a wink" mit der Erfahrung von 30 Jahren Camel geschrieben, auch wenn es in der Gesamtbetrachtung der Diskografie der Band nicht unbedingt einen der ganz vorderen Platz einnehmen wird. Ein wunderbares, sehr entspanntes Album ist es allemal, dass die Hoffnung nährt, dass Camel dieses Niveau auch noch die nächsten 30 Jahren halten werden.

Kristian Selm



© Progressive Newsletter 2002