CD Kritik Progressive Newsletter Nr.41 (09/2002)
Univers Zero - Rhythmix
(54:37, Cuneiform, 2002)
"Rhythmix", das Follow-up zum 1999er "The hard quest", ist ein typisches Univers Zero - Album geworden, das mit neuen Ideen aufwartet, ohne die gewohnten Strukturen zu verschmähen und dabei doch keineswegs wie die alten Alben ("1313" - 1977 bis "Heatwave" - 1986) klingt. Kein Wunder, es sind Jahre über die Erde gezogen, die Univers Zero erst einmal getrennt und dann in verschiedenen Inkarnationen neu und verändert belebten. Zudem gibt es einen grundsätzlich anderen Ansatz nach "Heatwave": Kopf und Denker der Band, Daniel Denis, komponiert seit seinen Soloalben am Computer, so wurde die emotionale Komponente aus der Musik der Belgier zum Großteil verbannt. Schon immer waren sie starr, extrem tief schwarz, doch nun hat sich die Form in ein Korsett verengt. Wie schon auf "The hard quest" sind Univers Zero klassischer geworden, hat sich die (immer noch deutliche) Rockposition verkleinert und ist der Melodieausdruck klarer, steifer geworden. So ist der Begriff "Chamber Rock" vollends treffend gewählt. Univers Zero spielen auf Rockinstrumenten in einem Notarium, als wollten sie ernste (oder neoklassische - ganz wie man will) Ambitionen umsetzen. Die fast explodierende Aggressivität der frühen Alben kann längst nicht erreicht werden, "Rhythmix" klingt stets lässig, fast schon dudelt es nonchalant vor sich hin. So werden die Interessierten es nicht leicht haben, sich in die Stücke zu verlieben. Und doch: wie Univers Zero, dieses Mal neben Daniel Denis die alten Mitstreiter Michel Berckmans, Bart Maris und Dirk Descheemaeker; sowie Aurelia Boven, Ariane De Bievre, Eric Plantain, Christophe Pons, Bart Quartier und Louison Renault, die klagenden, wehzeichnenden folkloristischen Melodien entwerfen, da baut sich vor dem inneren Auge ein mittelalterliches Dorf auf, das, von einem Despoten beherrscht, düster vor sich hin siecht. Im dritten Stück "Rouages: Second ratation" scheint Darth Vader und sein In-Den-Helm-Gehauche Inspirant gewesen zu sein: eine herbe, vitale Komposition mit rasantem, beängstigenden Rhythmus. Überhaupt ist natürlich die düstere Stimmung vollends geblieben. Unterstützt wird dies durch den starren Melodiegebrauch, der teils etwas roboterhaftes an sich hat, als würden Geister musizieren. Immer wieder auch geraten einige erstaunlich Zeuhl-beeinflusste Stücke (Daniel Denis war einst für drei Monate der zweite Schlagzeuger neben Christian Vander in Magma!), wie "Rêve cyclique", "Zorgh march" oder "Zebulon". Die lyrischen Strukturen in ""Shanghaiïs digital talks" und "The invisible light" oder das spannende "Phobia" und das jazzgetränkte, emotionalste "The Fly-Toxmenïs Land" sind wundersam und ungemein interessant. Nicht nur durch den Gebrauch von Marimba und Glockenspiel hat "Rhythmix" eine erweiterte Dimension, auch durch Flöten, Cello, Akkordeon und, natürlich, die gebräuchlichen Oboe, Englisch Horn, Fagott, Klarinette und nötiges Rockinstrumentarium. Univers Zero haben es wieder keinem leicht gemacht, sind eine Spur klassischer, geradliniger, starrer geworden. Doch stets blinkt aus der abgrundtiefen Finsternis der Töne Licht, dass die Weite der Songs erfahrbar macht.
Volkmar Mantei
© Progressive Newsletter 2002