CD Kritik Progressive Newsletter Nr.41 (09/2002)

Kenso - Fabulis Mirabilibus de Bombycosi Scriptis
(53:41, King Records, 2002)

Die Plattenfirma macht es sich recht einfach, denn bei King Records laufen Kenso einfach unter der Rubrik "Rock". Aber vielleicht ist diese Einordnung ja gar nicht so falsch? Nach dem letzten Studioalbum "Esoptron" konnte man sicherlich den Glauben an die Japaner verloren haben, denn von ihrem ehemals brodelndem Jazz / Rock / Prog Gebräu, waren leider nicht mehr als abgestandene, verschimmelte Reste übriggeblieben - die CD war eine einzige Enttäuschung. Neben einem sehr dumpfen Sound wartete man auf einmal mit lieblosen Bluesversatzstücken auf, ließ vermehrt die Gitarre dreckig, aber bedeutungslos krachen, die vormals dominanten zwei(!) Keyboarder waren in die Eckensteherrolle degradiert worden und von der Verspieltheit der früheren Alben war ebenfalls fast gar nichts übrig geblieben. Doch mit "Fabulis Mirabilibus de Bombycosi Scriptis" befindet sich der Patient glücklicherweise wieder auf dem deutlichen Weg der Besserung, auch wenn er noch nicht ganz gesundet ist. Trotz dualer Keyboardmöglichkeiten bekam auf dem neuen Studiowerk die Gitarre wiederum ungewohnt viel Raum geboten. Gitarrenlastiger, jedoch weg vom simplen Rock oder Blues klingt das neue Werk jedoch wesentlich mehr nach Kenso, mehr nach dem verspielten Jazz-Rock der früheren Tage. Dagegen hat sich die Band fast komplett von ihren sinfonischen Progressive Rock Wurzeln verabschiedet, dafür geben sie sich komplexer, frickeln Keyboards und Gitarre, auch mal klanglich recht exotisch, jetzt zusammen. Zwar nicht im kollektiven Geschwindigkeitsrausch, sondern durchaus moderat, stellenweise recht schräg, aber immer durchdacht, der Songstruktur angepasst. Jedoch bleibt dazwischen dennoch Raum für beruhigende Momente, bevor schwungvoll die Songs wieder auf Fahrt gebracht werden. Könner an ihren Instrumenten sind sie immer noch, wobei man diesen Glauben in Hinsicht auf das letzte Album ja schon fast verloren hatte. Vielleicht haben King Records irgendwie doch Recht mit ihrem "Rock" Stempel. Von simplen Rock sind sie zwar mehrere Galaxien entfernt, aber dennoch rocken Kenso insgesamt mehr, als in der Vergangenheit. Somit sind Kenso wieder gestärkt da, aber noch nicht ganz zurück.

Kristian Selm



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