CD Kritik Progressive Newsletter Nr.41 (09/2002)
Hands - Twenty Five Winters
(39:07, Shroom Productions, 2002)
Hands - The early years 1974-76
(52:44, Shroom Productions, 1974-76)
Auf drei angekündigte Reunion-Alben von 70er-Prog-Bands aus den Staaten bin ich sehr gespannt: da wären zunächst einmal die überragenden Happy the Man, die zwar mittlerweile schon mehrfach in der neuen Besetzung aufgetreten sind (und angeblich voll überzeugt haben), aber bisher noch kein neues Album vorgestellt haben; dann die Yes-Clones Starcastle, von denen ebenfalls ein neues Werk angekündigt ist, und - ich arbeite mich bekanntheitsgradtechnisch gesehen weiter abwärts - Hands. Und eben diese haben gleich 2 Alben veröffentlicht, die an dieser Stelle vorgestellt werden sollen. "Twenty five winters" heißt das neue Album. Der Titel soll wohl besagen, wie viel Jahre seit Veröffentlichung ihres letzten Albums vergangen sind. Und spieldauertechnisch gesehen sind sie auch gleich voll in den 70ern stecken geblieben. Gerade mal knapp 40 Minuten Spielzeit ist doch sehr bescheiden - und ausgesprochen schade, denn die Musik ist wirklich brillant! Die Besetzung ist im wesentlichen gleich geblieben, d.h. Michael Clay (keys/gtr), Ernie Myers (gtr), Martin McCall (drums) und Mark Menikos (violin/mandolin/gtr) - neu ist lediglich an Bass/Stick/Cello ein gewisser Rex Bozarth. Hands beeindrucken durch hervorragendes Zusammenspiel, weniger durch außergewöhnliche Soli. Die vorhandene Instrumentenvielfalt (neben dem üblichen Instrumentarium auch Geige, Cello, Holzbläser) führt zu keiner Zeit zu einer Überladenheit. Ich gebe zu, dass ich es gern auch mal recht bombastisch mag - doch Hands zeigen, dass auch Schlichtes manchmal recht viel sein kann. Einige Titel basieren auf rein akustischem Instrumentarium (Akustik-Gitarre, Geige, Piano). In diesen eher ruhigen Nummern wissen die Amerikaner ebenso zu überzeugen wie in den wenigen aggressiven Parts. Dass Hands einen gewissen Gentle Giant-Einfluß nicht leugnen können, haben sie ja schon auf ihrem Debüt bewiesen. Auch hier bieten sie erneut diesen typischen Schachtelgesang wie z.B. auf "Dance of light and darkness". "Zombieroch, part 3" klingt für meinen Geschmack wie eine moderne Maxi-Version des GG-Titels "Acquiring the taste", mit dem Unterschied, dass hier allerdings nicht ausschließlich mit dem Synthesizer gearbeitet wurde. Der vierteilige Longsong "Leaving" schließt dieses Album gebührend ab; zu Beginn klingt es wie eine Mischung aus Maxophone und Anthony Phillips' Titel "Collections" auf dem legendären "Geese and the ghost" Album, im dritten Viertel, das "The traveler's lament" betitelt ist, könnte man glattweg meinen, man befindet sich auf dem "Starless and bible black"-Album. Grandiose Fripp-Gitarre und mächtiges Schlagzeug. Mit diesem absolut überzeugenden Album legen Hands ein grandioses Comeback vor und ich hoffe, dass sie ihren Bekanntheitsgrad wenigstens ein bisschen nach oben korrigieren können - verdient hätten sie es sich allemal. Im Zuge des Comebacks haben sich die Herren vom Shroom-Label überlegt, gleich noch ein altes Live-Album nachzulegen. Das Kuriose an diesem Hands-Album ist, dass kein einziger Song von Hands gespielt wurde, sondern allesamt von den Vorgänger-Bands Prism bzw. Ibis stammen (von Prism gibt es ja bereits eine Shroom-Veröffentlichung). Die ersten 3 Titel des Albums sind Eigenkompositionen, der Rest sind Coverversionen. Die Live-Rehearsals von 1974 wurden unter dem Namen Ibis eingespielt (gecovered wurden hier u.a. Mahavishnu Orchestra, Johhny Winter, Allman Brothers). 1976 traten sie dann als Prism auf und coverten eher proggige Titel wie z.B. King Crimson's "Lament" oder "Celebration" von PFM. Die Aufnahmen sind - erwartungsgemäß - von mittelmäßiger Qualität und letzten Endes wohl nur für den eingefleischten Sammler gedacht.
Jürgen Meurer
© Progressive Newsletter 2002