CD Kritik Progressive Newsletter Nr.41 (09/2002)

Explorers Club - Raising the mammoth
(59:30, Magna Carta, 2002)

Sommerloch? Ha, dass ich nicht lache, wenn es diesen Sommer so weitergeht, ertrinke ich noch in CDs. Wie soll das bloß enden, wenn die Labels in Herbst erst einmal wieder richtig Gas geben? Was soll's schon, draußen regnet's, es ist Samstag morgen und kurz nach dem Frühstück zieht man sich gerne mal zum Aufwachen solche Alben wie das zweite Werk von Trent Gardner's Explorers Club rein. Auch dieses mal liest sich die Gästeliste wieder recht imposant. Ein kleiner Teil war bereits beim ersten, 1998 erschienen Album "Age of impact" mit von der Partie, wie z.B. Terry Bozzio, James LaBrie (Dream Theater) und natürlich Trent Gardner selbst. Neue Mitstreiter sind dieses mal u.a. John Myung (Dream Theater), Kerry Livgren (Kansas), Marty Friedman (Megadeth), Gary Wehrkamp (Shadow Gallery), Mark Robertson (Cairo), sowie Steve Walsh (Kansas). Dabei unterscheidet sich die Bedeutung der einzelnen Mitwirkenden für das Gesamtprojekt doch deutlich. Während z.B. Steve Walsh sehr deutlich in Erscheinung tritt, sind die minimalen Akustikparts von Kerry Livgren nur bei genauer Kenntnis zu hören. Erinnert irgendwie an den Beitrag von Steve Howe beim ersten Teil, wo man ebenfalls den Eindruck hatte, dass es hier mehr um den Namen, als um den musikalischen Beitrag ging. Liest sich eben besser, wenn man im Line-Up mit den Größen der Szene werben kann. Musikalisch betrachtet Trent Gardner dieses Projekt als willkommene Abwechslung und Experimentierplattform neben seinen Aktivitäten für seine eigene Band Magellan und diversen anderen Projekten, da er sich bei Explorers Club jedes mal verschiedenen Konzepten widmen kann. So klingt logischerweise "Raising the mammoth" nicht wie eine Fortsetzung des Debüts, sondern der Metal Einfluss, wurde zugunsten vermehrtem klassischer Progressive Rock Elementen und einer sehr düsteren, dunklen Stimmung zurückgefahren, auch wenn keineswegs auf eine gesunde Grundhärte verzichtet wird. Die vielen langen Instrumentalpassagen kriechen meist als schleppender Bombast vor sich hin, vor allem die Keyboards bekommen eine wesentlich bedeutendere Rolle zugeordnet und die Atmosphäre der Stücke kommt viel mehr zum Tragen. Auch wenn der CD Player zum ersten Entsetzen die sagenhafte Anzahl von 44(!) Titeln anzeigt, so wurde nur das im Prog Bereich so beliebte Spielchen mit einzelnen Unterpassagen bis an die Grenze der Lächerlichkeit übergezogen, denn genau genommen handelt es sich um insgesamt zwei Stücke, nämlich sinnigerweise "Raising the mammoth 1" und "2". Dabei unterteilt sich der erste Teil noch in den harten, recht komplexeren ersten Teil "Passage to paralysis", den ruhigeren, stimmungsvollen Zwischenpart "Broad decay" und das progigge "Vertebrates". Der rein instrumentale, über 20-minütige zweite Teil des Titelstücks wurde mit den netten Untertitel "(Prog-O-Matic) Gigantipithicus" versehen und lebt vor allem von ausschweifenden Keyboardparts. "Raising the mammoth" ist glücklicherweise nicht so opulent überladen wie das doch recht zwiespältig aufgenommene "Leonardo" Projekt, welches ebenso aus der Feder von Trent Gardner stammt. Ebenfalls unterscheiden sich die Stücke von der Arbeit mit Magellan, da bei "Raising the mammoth" weniger fragmentiert, nicht so musikalisch abgehackt gearbeitet wird. Dies kann man nun als Vor- oder Nachteil der Musik auslegen, da "Raising the mammoth" zwar sehr vielfältige Passagen vereint, aber im Großen und Ganzen doch aus langgezogen Teilstücken besteht, die in gewissen Maße mit Wiederholungen arbeiten. So ist dieses Album kein Werk, welches einen sprachlos zurücklässt oder bereits von Anfang an umhaut, aber nach mehrmaligen Anhören entwickelt es doch sein ganz eigenes Leben und hat mehr unterschwellig den typischen Trent Gardner Sound. Kurz gesagt: ein Klassealbum!

Kristian Selm



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