CD Kritik Progressive Newsletter Nr.40 (06/2002)

Saens - Escaping from the hand of god
(73:55, Cyclops, 2002)

Neuer Name, neues Label, neue Sprache, neues Glück? Nach ihrem recht verheißungsvollem Debüt "Les regrets d'Isidore D.", haben sich Sens in Saens umbenannt, sind inzwischen zu Cyclops gewechselt, der französische Gesang wechselte bis auf eine Ausnahme hin zum Englischen und nach knapp dreijähriger Schaffenspause folgt mit "Escaping from the hand of god" endlich ihr zweites Album. War bereits das Debüt deutlich von neo-progressiven Ideen durchzogen, der sich jedoch durch mehr Abwechslung und wechselnde Stimmungen wohltuend vom üblichen Einheitsbrei abhob, so ist auch der Nachfolger wiederum in dieser Tradition verhaftet. Neben schönen Melodien, fließenden Gitarren- und Keyboardlinien stehen gleichberechtigt auch mehr komplexere, ausschweifende Instrumentalparts, die sich weg von den inzwischen allzu oft gehörten Klischees wegbewegen. Leider fällt in dieser durchaus ansprechenden Mixtur wieder mal der recht spärlich eingesetzte Gesang ab, der von seiner Intonation leicht gequält, etwas blass wirkt, im Gesamteindruck aber dennoch als solide Leistung durchgeht. Als quasi Ersatz gibt's dafür einige düstere Chorparts, die von klassischen Gesangsstimmen eingefangen wurden. Im instrumentalen Bereich bekommt man dazu jede Menge neo-progressive Abwechslung, ausschweifenden Bombast mit jubilierenden Gitarren und gekonnte Rhythmuswechseln geboten. Und auch wenn englisch als Gesangssprache gewählt wurde, so schimmern doch immer wieder francophile Attribute durch - hier und da kommen Erinnerungen an die leider inzwischen aufgelösten Galaad, wie aber auch einer härteren Version von Clepsydra auf - Saens sind bei Weitem kein liebloses Plagiat der britischen Bands. Die gerade mal sechs Songs, bewegen sich, bis auf das recht kurze, das Album abschließende "Epilogue", ausschließlich jenseits der 11 Minuten Grenze, womit jede Menge Raum für diverse Instrumental-Exkursionen bleibt. Und dieser Raum wird nicht verschenkt, sondern genutzt, die Lieder wirken keineswegs auf Lauflänge getrimmt. Überraschende Wendungen bis hin zu folkigen bzw. klassisch inspirierten Passagen, floydigen Gitarrenriffs, sogar recht abgedrehten, sperrigen Passagen geben dem Album den rechten Pfiff und beweisen wieder mal, dass sich nicht immer nur in den gleichen Selbstzitaten übern muss, um ansprechende Musik zu bieten. "Escape from the hands of god" ist nicht nur Neo Prog, sondern viel, viel mehr. Ein Album, welches seine Hörerschaft finden sollte und sie sich auch redlich verdient hat.

Kristian Selm



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