CD Kritik Progressive Newsletter Nr.40 (06/2002)

Artsruni - Cruzaid
(47:28, Musea, 2002)

Juchhu! Mein Flehen aus der CD Kritik zu Artsruni im vorletzten Heft wurde erhört und mit Musea hat die Band aus Armenien endlich einen passenden Partner gefunden, der ihnen die Chance gibt, auch außerhalb der Landesgrenzen bekannt zu werden. "Cruzaid" ist nach dem letzten Jahr veröffentlichten "The live cuts 2000/2001" das erste reguläre Studioalbum der sechsköpfigen Band aus Eriwan. Im Gegensatz zum Vorgänger, der die komplette stilistische Vielseitigkeit von Progressive, Jazz Rock, Folklore bis hin zu Klassik repräsentierte, wird "Cruzaid" von einem einheitlichen Konzept und der Konzentration auf die Progressive / Jazz Rock Wurzeln dominiert. Zwar findet man sechs Nummern vom Livealbum auch auf dieser Veröffentlichung wieder, doch im Studio eingespielt und abgemischt, gewinnen die Lieder noch einmal deutlich hinzu, klingen nicht nur ausgewogener, verspielter, sondern auch wesentlich druckvoller, zum Teil wurde ihnen sogar ein komplett anderes Arrangement verpasst. Das Überraschende bei Artsruni ist, dass man ohne Keyboards auskommt, aber durch Flöte und Percussion, sowie zwei Gitarren, zum Teil in Slap-Technik gespielten Bass, der Musik trotzdem einen progressiven Charakter verleiht, der ursprünglicher, roher, ungeschliffener, als von anderen glattgebügelten Produktion gewohnt, daherkommt. Da die sechs Instrumentalisten ihr Handwerkszeug bestens beherrschen, einfach locker, lässig ohne Grenzen drauflosspielen, der archaische Folkeinfluss der Heimat ergänzend für die exotische, fremdartige Note sorgt, macht es wirklich Freude, sich "Cruzaid" anzuhören. Selbst 70er Jahre Hard Rock findet sich in einigen Gitarrenriffs wieder, wobei die Band es aber bestens versteht aus den verschiedenen, unterschiedlichen Einflüssen etwas homogenes, ganz eigenes, sehr lockeres, keineswegs Kopflastiges entstehen zu lassen. Über weite Strecken wechseln sich Flöte und Gitarre in der Melodieführung ab, die orientalisch angehauchten Rhythmen aus dem Mittleren Osten verleihen den Songs den rechten Schwung. Und auch wenn es nur bei zwei Liedern überhaupt die angenehme Stimme von Bandleader Vahan Artsruni zu hören gibt, so fällt einem der Gesangsverzicht keineswegs negativ auf. Wer auf seinen Kreuzzug durch die abwechslungsreiche Welt des Progressive Rocks eine neue Facette erleben möchte, der sollte Artsruni auf jeden Fall eine Chance geben.

Kristian Selm



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