CD Kritik Progressive Newsletter Nr.36 (07/2001)
Thieves' Kitchen - Argot
(64:40, Privatpressung, 2001)
Gerade mal 14 Monate haben sich Thieves' Kitchen Zeit gelassen, um den Nachfolger für das gelungene Debüt "Head" nachzulegen. Und "Argot" ist mehr als ein würdiger Nachfolger, denn die Briten haben sich erheblich weiterentwickelt, sowohl musikalisch, als auch kompositorisch. "Argot" enthält lediglich vier Titel (20:22, 13:36, 12:58, 17:41), die schon aufgrund ihrer Länge jede Menge Raum für Songentwicklung, komplexe Arrangements und ausgiebige Soli lassen. War das Debüt noch hauptsächlich von Neo Prog Einflüssen durchzogen, so geht es nun wesentlich komplexer, verschachtelter zu, sowohl Erinnerungen an den Art Rock der 70er werden wach, wie auch leichte Fusion und Jazz Rock Tendenzen hörbar sind. Die Titel sind insgesamt wesentlich sperriger, schräger, nicht gleich für das Ohr zu erschließen. Dies ist zum einen das Problem der vier Songs, denn eingängige Melodienlinien zum Entlanghangeln findet man nur selten. Doch darin liegt auch die Chance, das Fordernde dieser CD. Man muss sich wirklich genau mit der Musik beschäftigen, um die Strukturen zu durchschauen, den tieferen Zusammenhang zu erkennen und bekommt dafür einiges geboten, was das genau Zuhören rechtfertigt. Thieves' Kitchen gehen das Wagnis ein, Instrumente wie Oboe einzubauen, die Keyboards nicht nur im Mellotron- und Synthiesound erklingen zu lassen, sondern ihnen ebenfalls Xylophonlaute zu entlocken. Nicht nur dadurch, sondern auch durch eine relative offene Spielweise, mit Keyboards mal in klassischer ELP-Manier, virtuosen Pianoläufen oder, Holdsworth-ähnlicher Spielart an der Gitarre, verlassen Thieves' Kitchen ausgetrampelte Pfade, heben ihre Musik auf eine ganz andere Ebene. Die Progressive Rock Elemente sind natürlich immer noch offensichtlich, doch trifft man hier nicht auf 1000 mal gehörtes. Besonders die beiden angesprochenen Instrumente, sprich die Keyboards, die von Wolfgang Kindl äußerst vielfältig und gekonnt betätigt werden, und vor allem Gitarrist Phil Mercy geben dem Album eine ganz eigene Note. Thieves' Kitchen sind auf dem besten Weg, zu einer wirklich großen Band zu reifen. Von der spieltechnischen Seite her, ist das Quintett bereits erstklassig, nur die Kompositionen benötigen noch mehr Haltepunkte, mehr prägnante Momente, die im Gedächtnis hängen bleiben. Ansonsten ist "Argot" ein starkes Statement, ein Album ohne Kompromisse.
Kristian Selm
© Progressive Newsletter 2001