CD Kritik Progressive Newsletter Nr.29 (03/2000)
Thieves' Kitchen - Head
(63:08, Privatpressung, 2000)
Manchmal holt einen die Aktualität schneller wieder ein, als gedacht. Thieves' Kitchen wurden bereits als Nachfolgeband von Grey Lady Down gehandelt und schwupps, dann gibt es Grey Lady Down auf einmal wieder. Um aber genau zu sein, bei Thieves' Kitchen ist eigentlich nur ex-Grey Lady Down Schlagzeuger Mark Robotham aktiv, so dass es sich in Wahrheit mehr um eine neue Band mit eigenen Ansprüchen handelt. Stilistisch bewegt man sich zwar ebenfalls zum Teil in Neo Prog Gefilden, es geht jedoch wesentlich dunkler und abwechslungsreicher als bei Grey Lady Down zur Sache. Auch qualitativ braucht man sich nicht vor anderen Bands verstecken, die fünf Songs (16:01, 7:15, 11:00, 9:10, 19:30) bewegen sich ausschließlich im Longsongformat, wirken dennoch nicht zusammengestückelt, sondern als Ganzes. Die Rhythmusgruppe setzt ein fundiertes Grundgerüst, über dem Gitarrist Phil Mercy und der aus Deutschland stammende Keyboarder Wolfgang Kindl die solistischen Farbtupfer setzen. Verzerrte, jubilierende Akkorde agieren zusammen mit gesampelten Mellotron und antiquierten, perfekt zur Musik passenden Sounds. Dazu verfügt man mit Simon Boys über einen sehr guten Sänger, der in seiner Stimmlage des öfteren an Jadis Frontmann Gary Chandler erinnert. Durch die langen Kompositionen lebt die Musik von Thieves' Kitchen sehr von den solistischen Einlagen ihres Saiten- und Tastenmannes. Bereits den Opener "Mute" durchzieht ein minutenlanges Gitarrensolo, das von der Klangfarbe mehr jazzi-rockigen, fast schon Fripp'schen Ansprüchen Tribut zollt, als nur die immer die ewig gleich klingenden Jubelarien mancher anderen Neo Prog Bands zu reproduzieren. Das folgende "Time" hingegen kommt mehr aus dem Rockbereich, gibt sich solistisch aber ebenfalls progressiv. Einziges Manko des Quartetts bleibt die Tatsache, dass es den Liedern an herausragenden Teilen fehlt, die Songs wirken kompakt und schlüssig, die Band bestens aufeinander abgestimmt, aber nach jedem Lied stellt man sich die Frage, was nun hängengeblieben ist. Ein Album das wieder Hoffnung für die marode daliegende britische Neo Prog Szene macht, von dieser Band könnte man in der Zukunft noch mehr hören.
Kristian Selm
Kontakt: Thieves' Kitchen, P.O. Box 3305, Wokingham, Berk, RG40 4UY, U.K.
© Progressive Newsletter 2000